Über zwei Jahre nach ihrem zweiten Album Kontakt meldet sich das Aachener Trio Fjørt mit dem neuen Langspieler Couleur lautstark zurück. Naja, die Wende hin zu Akustik-Pop war nicht wirklich zu erwarten und musikalisch kennen Sie auch nach wie vor nur eine Richtung: laut und nach vorne. Was den Sound von Fjørt so besonders macht, ist, dass er zwar mächtig hart ist, aber nicht mit stereotypen Sounds aus dem Metal oder typen Hardcore Break Downs um die Ecke kommt und es nicht scheut, auch mal das ein oder andere Tasteninstrument mit in das Arrangement aufzunehmen.

Schon mit dem Opener Südwärts wird klar, dass das, was Fjørt dem Techniker in die Playstation geprügelt haben, keine leichte Kost ist. Es reicht dort als Vorbereitung völlig aus, die Gitarre vor den auf 11 aufgerissenen Amp zu halten und kurz über das Drumset zu räubern, um den Hörer erst anzuschreien und schließlich mit einer satten Soundwand vom Sofa zu pusten. Der Sound lebt von den harten Wechseln. Von laut zu leise, Geschrei zu, naja, weniger Geschrei und von rhythmisch komplexen Rhythmen zu straighten stampfenden Sounds. Positiv fällt schon beim ersten Hören auf, dass die Texte trotz sämtlichen Geschreis unglaublich verständlich bleiben. Was uns die Autoren damit sagen wollen, ist dann wiederum eine andere Frage. Die Texte von Fjørt sind immer noch so kryptisch wie eh und je.

Das erste kleine Highlight von Couleur findet sich an dritter Stelle. Eden beginnt episch, mit einer riesigen Gitarrenwand, die erst auf einem komplexen Drumgroove beruht und mit dem Wechsel zu einem straighten Drumbeat herrlich anfängt zu stampfen. Die ruhigeren Strophen werden in erster Linie von den Vocals des Bassisten David getragen, der auf einem Bett frickeligen Gitarren liegt, die durch jede einzelne Tretmine geschickt wird, die auf dem Gigboard festgeschraubt ist. Bevor dem Rezipienten die ganze Macht des Sounds von Fjørt bewusst wird, nimmt das Aachener Trio noch mal komplett den Fuß vom Gas um den scheppernden Refrain noch epischer wirken zu lassen. Einer der Ausreißer auf Fjørts neuem Langspieler ist Raison. Hier reden wir ausnahmsweise mal von einem sehr deutlichen Text, gegen den kreuzdummen Schwachsinn der fälschlicherweise als Rechtspopulismus und nicht als Rechtsradikalismus bezeichnet wird. Der Abschluss von Couleur hört auf den Namen Karat und ist ein perfekter Closer für eine Platte mit solchen epischen Ausmaßen. Was leise beginnt steigert sich bis zur Mitte langsam zu einem von breiten Gitarren bestimmten, musikalischem Juwel, dass das textliche Arpeggio des Outros perfekt in Szene setzt bis der Song im wahrsten Sinne des Wortes zerstört wird.

Fjørt liefern mit Couleur einen würdigen Nachfolger für ihr Debütalbum ab, dass sich musikalisch vor niemandem verstecken muss und man eigentlich lieben müsste. Versteht mich nicht falsch wir reden hier über Serious Shit. Aber die große, sämtliche Skalen sprengende Offenbarung wie die beiden Vorgänger ist Couleur nicht, obwohl 99% der Musiker für ein Album dieser Größenordnunn morden würden. Hätten uns Fjørt mit D’accord und Kontakt nicht schon zwei musikalische Epiphanien um die Ohren gehauen, würden wir hier wahrscheinlich über eine Bewertung mit einer 9 vorne reden.

Name: Fjørt – Couleur
Länge: 43 Minuten
Label: Grand Hotel von Cleef
Genre: Hardcore

Review overview

Gesamt:8.5

Summary

8.5