Ska und ich, das ist eine seltsame Beziehung. Jedes Jahr, wenn die ersten Sonnenstrahlen meine Haut kitzeln und die Temperaturen steigen, denke ich: Hey, du hast Lust auf Ska! Du brauchst endlich mal ein paar richtig feine Ska-Alben! Aber irgendwie komme ich nie dazu, diese Lücke zu schließen. Karoshi jedoch könnte es gelingen, es sich in dieser Lücke verdammt bequem zu machen.

Der Opener von Rabauken und Trompeten, I’m Okay Someday, nimmt den Hörer sofort gefangen. Von Sekunde Eins an machen Karoshi deutlich, was es in der nächsten halben Stunde auf die Ohren geben wird: Starken, punkigen Ska, der sich mit dieser Schublade jedoch nicht zufrieden gibt. Die Bläser sind besonders prägnant und eins sticht besonders hervor: Die sagenhaften Hooks mit Ohrwurmgarantie. Dieser starke Opener verlangt nach Sommer, Sonne und einer ausreichend dimensionierten Tanzfläche!

Weiter geht es mit Care about the Onions, der stärker im Ska verwurzelt bleibt und groovt wie Sau. Spätestens jetzt wird dem Hörer klar, dass sich Karoshi nicht in ein Schema pressen lassen, sondern auch einen Song von unter drei Minuten ungemein abwechslungsreich gestalten können: Entspannter Ska wechselt sich mit heftigeren Parts ab, um ein sehr entspanntes Ende zu finden.

Dieser Abwechslungsreichtum zieht sich durch das gesamte Album. Karoshi präsentieren sich voller Ideen und scheuen sich nicht, diese in ihren Stuntpunk zu integrieren. So beispielsweise in The Kids. Der Song vermittelt zunächst eine Idee, worum es sich bei Stuntpunk handeln könnte: The Kids will einen tanzen und heftig skanken lassen, in diesem Tempo grenzt das allerdings in der Tat an Stunt! Apropos Stunt: Der eingebaute Jazzpart fügt sich hervorragend und songdienlich ein und wird stilecht durch eine zerberstende Bierflasche beendet. Eines der Highlights!

Zum Sound des Albums: Die Produktion ist stimmig, besonders die prägenden, immer leicht krummen, aber unheimlich charmanten und charakterstarken Bläser sind präsent und drücken dem Sound von Karoshi ihren Stempel auf. Die verzerrte Gitarre könnte für mich Metallschädel gelegentlich noch etwas fetter sein, das liegt aber sicher an meinen Vorlieben. Der Gesang ist rau, trotzdem hochmelodisch und ist dabei unheimlich treffsicher in den grandiosen Hooks, die nie zu poppig werden. Er erinnert mich dabei unheimlich an den jungen Paul Di’Anno, der den legendären ersten beiden Alben von Iron Maiden seine Stimme lieh.

Mein persönliches Albumhighlight ist Meanwhile. Der Song wird geprägt durch starke Riffs, fette Gitarren und fantastische Bläserparts. Meanwhile beweist, dass harte Rockmusik und Bläser wunderbar zusammen funktionieren und eine großartige Dramatik erzeugen können. Und auch die größte Stärke des Albums, nämlich die unwiderstehlichen Hooks (dieser Refrain!), spielen Karoshi in diesem Song großartig aus. Nur den Kölsch-Zwischenpart kann ich als Wahl-Düsseldorfer nicht ganz nachvollziehen…

Rabauken und Trompeten hält ein konstant hohes Niveau und zeigt auch hinten raus, bis zum entspannten Rausschmeißer You, Me & Marley (mit dem – zumindest für mich – irritierenden bis verstörenden, gesprochenen Intro) keine Schwächen. Karoshi zeigen sich ideen- und abwechslungsreich, verbinden gekonnt schnelle und härtere Parts mit entspannten Teilen, bei denen man sich in die Sonne legen will. Es gelingt ihnen, auch in Songs von unter drei Minuten aus üblichen Mustern auszubrechen, ohne dass es gekünstelt wirkt. Die Albumlänge von nur etwas mehr als 30 Minuten ist dabei kein Wermutstropfen, sondern trägt zu diesem Eindruck bei: Für so ein Album, das knackig und stets auf den Punkt ist, ist die Länge ideal! Und wem es doch zu kurz ist, der kann das Album einfach in Dauerschleife hören. Das funktioniert ganz wunderbar, und der Sommer dauert hoffentlich noch eine Weile…

Reinhören auf Bandcamp

Top 3

  • Meanwhile
  • The Kids
  • Care about the Onions

Karoshi – Rabauken und Trompeten | Die Fakten

Album: Karoshi – Rabauken und Trompeten
Genre: Stuntpunk / Skapunk
Länge: 30 Minuten
Release: 25.08.2017
Label: Rookie Records

Karoshi im WWW: Homepage | Facebook

Review overview

Gesamt:8.5

Summary

8.5Endlich habe ich meinen Ska gefunden! Mit diesem abwechslungsreichen, vor Hooks überquellenden Album wird der Sommer versüßt und auch der müdeste Schenkel wird zum wilden Tanzbein.