Hätten Flash Forward mich nicht schon im Oktober live im Vorprogramm von You Me At Six überzeugt, wären wir an dieser Stelle mit nett gemeinten 5 Punkten aus der Nummer rausgegangen und das Ding wäre durch. Das Album einfach aufzugeben kam aber gar nicht in die Tüte. Auf der Suche nach dem Funken, der mich live erwischt hatte, bin ich nach dem gefühlt 100. Hören doch noch fündig geworden.
Mitschuld an dieser schweren Geburt trägt der großartige Opener Heart Of Gold. Eine schwere und astreine Rocknummer, die mit tiefen Gitarren steil nach vorne geht – und damit einen völlig falschen Eindruck vom Album vermittelt. Mit dieser Härte kann im weiteren Verlauf nur Chains mithalten, dessen Aufbau im Vergleich leider zu flach und vorhersehbar bleibt.
Was bleibt ist die Wucht des ersten Songs, die sich bei den folgenden Deadline und Paralyzed in Luft aufzulösen scheint – so der Eindruck bei den ersten Durchgängen. Wie wir jedoch aus dem Physik-Unterricht wissen: Energie verpufft nicht, sie wandelt sich um. Das ist der Knackpunkt. Und gleichzeitig die große Stärke von Revolt: Die fette Bandbreite, in der sich die Trierer bewegen. Besonders Sänger Stefan Weigel wuppt jede stimmliche Herausforderung. Von satten, rauen Vocals bis hin zum klaren Pop-Punk-Schleim der allerbesten Art.
Auch die Gäste, die Flash Forward sich ins Studio geholt haben, sind nicht das, was spontan ins Oberstübchen gerät, wenn man an poppigen Punk hört. Mal ehrlich: Bei einem Song wie Kickstarter gilt der erste Gedanke nicht unweigerlich, dass man auf die gleiche Platte To The Rats And Wolves und 8kids sinnvoll unterbringen könnte. Aber so ist es. TTRAW verleihen Perfectionist einen extra Twist. Als wären die aus den 70er-Jahren geklauten Kopfstimmen-Chöre a là Saturday Night Fever nicht Überraschung genug. Bei Payback mit 8kids ist man plötzlich im Paket Kraftklub feat. Casper.
Diese latente Unvorhersehbarkeit in Kombination mit den derben Genre-Sprüngen, können sich wie aufregende Abwechslung anfühlen – oder eben nach Willkür ohne roten Faden.
Kickstarter ist da die Krönung meines Kampfes mit diesem Album. Beim ersten Hören hätte ich mich am liebsten übergeben. Ich bin kein Pop-Punk-Fan und bei Zeilen wie „You kickstart my heart“ kommt mir reflexartig die Galle hoch und der Finger zuckt zum Skippen. Aber wie war das noch? Einmal gepoppt, nie mehr gestoppt? So gruselig ich diesen Song auch finde. Er hat sich in die letzte dunkle Ecke meines Kopfes festgesetzt und bleib dort. Tagelang. Diese Pop-Punk-Hymne ist ein Ohrwurm vor dem Herrn. Nach den vielen, vielen Malen, die ich das Album erst unfreiwillig und mittlerweile zum Spaß gehört habe, muss ich zugeben: Flash Forward haben die harte Schale meiner Hörgewohnheiten geknackt. Lockerleichte Pop-Punk-Beats, die auch in One Way Track irgendwie ihren Meister gefunden haben, ohne dabei zu tief in die Peinlichkeit von Sum41 und Ähnlichem abzudriften. Ja, das ist ein Kompliment. Ich muss mich noch daran gewöhnen.
Nach dem etwas holprigen Vorgängeralbum Who We Are, klingt Revolt zwar nicht nach Revolte, dafür nach Musikern, die endlich angekommen sind: In der vollen Breitseite der Gitarrenmusik. Rock beherrschen sie ebenso wie Pop-Punk- und Hardcore-Elemente. Aber diese Breite kann eben auch fatale Verwirrung auslösen.
Manche Alben sind es aber durchaus wert, ihnen einige Durchläufe mehr zu gönnen, ehe man richtet.
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Summary
7.5