Ich komme so nach Hause, dreh die Heizung auf, setze mir die Kopfhörer auf, und mache mir Invincible an. Der erste Track Here I Come läuft an, und mir fällt direkt auf: Das ist echt stabiler Rap. Der Beat ist druckvoll, Deuce selber geht mit seinem Flow nach vorn, hat echt ordentliche Reime und generell hat mich der Track ziemlich schnell gepackt und auf Betriebstemperatur gebracht. Die Heizung war also umsonst. Was mich aber wundert: Hat Deuce auf seinem ersten Solo-Album nicht mehr in die Rock-Richtung als zum Rap tendiert? Und aufgefallen sind mir die Gitarren erst nach dem zweiten Refrain. Gab es da etwa einen Stilwechsel? 2012 hat seine erste Solo-Platte Nine Lives doch ein angenehmes Maß an Aufmerksamkeit erlangt, mit satten 33 Millionen Klicks auf YouTube, also gibt es doch gar keinen Grund, groß was am Stil zu ändern!
Aber Deuce wollte wohl trotzdem etwas ändern, und wie, das verrät er uns auch freundlicherweise gleich: “The material we did in L.A. was a little angrier. In Portland, it got more mellow and hip-hop. I think you can hear the difference.” Es sollte also ein Verlauf von einem zum anderen Genre oder Ähnliches während dem Hören auffallen, ich bin gespannt. Ich komme zum zweiten Track, und da ist er dann doch, der Rock. Also scheinbar in Los Angeles aufgenommen worden. Der eben angesprochene Stilwechsel bleibt also aus, auch in Ordnung. Denn der Track powert dann doch direkt los und lässt erstmal keinerlei Fragen zu.
Mit Bitch, This Is It habt im dritten Track eine erste kleine Verschnaufpause, um euch vom druckvollen Anfang des Albums zu erholen und Kraft für Teil Nummer zwei der Platte zu sammeln, denn dann geht die Post ab. Ein starkes Riff jagt das nächste, immer wieder wird vor akuter Ohrwurmgefahr gewarnt und dann kommt das erste richtige Highlight von Invincible, bestehend aus dem Titeltrack und dem nachfolgenden Bad Attitude. Vor allem instrumental wird hier richtig die Sau rausgelassen: schnelles, drückendes Schlagzeug mit Riffs gepaart, die einen quasi anflehen, in den MoshPit zu springen.
Ihr habt keine Lust auf den Pit? Gar kein Problem, für euch kommt mit Thank You eine ruhige, trotzdem kraftvolle Nummer, die Gänsehaut zum Vorschein bringt. Die Atmosphäre, die der Song ausstrahlt, hat es in sich, ist dementsprechend etwas beklemmend. Allerdings verpasst der Track den Moment, umzuschwenken, und einen epischen letzten Refrain aufzubauen. So bleibt es die ganze Zeit beklemmend, was mich dazu gebracht hat, beim zweiten Durchhören schneller auf Catch Me If You Can umzuschalten. Denn dann beginnt ein Finish, das es in sich hat. Gerade genannter Track ist eine mega Rock-Nummer, die Laune macht, sich immer weiter steigert und am Ende einfach nur ballert. Auch hier: Achtung Ohrwurmgefahr. Die gilt übrigens ganz besonders bei Talking About You. Das kann live bestimmt eine richtige Hymne sein!
Aber nichts ist perfekt, also schnell noch zu einigen Kritikpunkten. Manchen Tracks hätte es gutgetan, wenn sie eine Minute kürzer gewesen wären. An bestimmten Punkten beschleicht mich das Gefühl, Deuce wolle hier mehr rausholen, als eigentlich drin ist. Das hat die Platte aber gar nicht nötig, sie bietet auch so genug gelungenes Material. Ansonsten gibt es kleinere Abzüge in der B-Note, weil man den Autotune manchmal an Stellen raushört, wo er definitiv nicht Stilelement sein soll oder mancher Refrain (vor allem Pull Me Under) überladen wirkt. Wäre hier mehr mit Pausen gearbeitet worden, hätten die einzelnen Zeilen mehr Gewicht gehabt, was dem Stimmungsbild der Tracks zuträglich gewesen wäre. Gerade der erste Kritikpunkt ist aber neu, da hatte Nine Lives nicht mit zu kämpfen.
Aber das ist Meckern auf hohem Niveau, denn ihr werdet sowohl als Fan von Rap als auch als Metaller Spaß an der Scheibe haben. Und den ungefähr eine ganze Stunde lang.
Müsste ich drei Songs wählen: Catch Me If You Can, Bad Attitude und Talking About You. Das sind die drei Stimmungsmacher. Sie ermöglichen euch ein stressfreies Hineinhorchen in das Album, indem sie euch zu jeder Facette, die Invincible zu bieten hat – starkem Rap, guten Melodien und powervoller Gitarren-Action – einen soliden Eindruck gewähren.
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7