Vorab vielen Dank Felix, du hast mir sehr geholfen bei der Review, vier Ohren hören mehr als zwei.

Freunde, keiner hat damit gerechnet, und es ist eingeschlagen wie eine Bombe. Oder halt wie ein Kamikaze-Pilot. Eminem ist wieder da, und das deutlich stärker als noch im letzten Dezember. Und Eminem wäre nicht Eminem, wenn er das nicht alle spüren lassen würde. Das wird hier, glaube ich, mehr ein Aufsammeln von Leichenteilen als eine normale Review, denn auch ein Gott muss mal den Müll rausbringen.

Aber von vorn: Das Cover ist eine Anlehnung an das Beastie-Boys-Album „License To Ill“. Das ist eindeutig, und ergibt Sinn, denn die Beastie-Boys waren Eminems größte Inspiration für seine eigene Musik – laut eigener Aussage. Und dann geht sie los, seine Attacke ohne jede Rücksicht auf Verluste. „The Ringer“ kommt als Track daher, der 05:37 Minuten gnadenloses Flexen bedeutet. Keine Hook, einfach die ganze Zeit Zeilen durchrappen, die großenteils direkt klarstellen, wen er angreifen wird: New-Generation-Rapper, Journalisten und den Teil seiner Fans, der sich etwas zu deutlich über „Revival“ beschwert hat. Und dafür nimmt er sich auch danach noch Zeit.

Da es bei diesem Album wenig Sinn ergäbe, sich groß mit musikalischen Raffinessen auseinanderzusetzen, da dann der eigentliche Sinn der Platte außen vorbliebe, handeln wir das mal etwas schneller ab: Eminem-Hooks? Check. Unvergleichlicher Flow? Check. Krasse Beats? Check. Doubletime? Check. „Kamikaze“ ist krass produziert, da gibt es keine zweite Meinung. Es wurde so gecuttet, dass sich das Gefühl breit macht, das ganze Album wäre ein riesiger Track, es gibt keine Momente, die dich aus dem Hören rausreißen, weil ein Fade-Out zu langgezogen wurde oder die Beats zweier nacheinander folgender Tracks zu krass gegeneinander arbeiten. Für die Produktion gibt es also schonmal 10/10. Jetzt also der spaßige Teil: Wer wird gedisst, wer vernichtet und was hat die Platte sonst noch zu bieten? Ich werde nur auf einen Teil eingehen, da wir ansonsten morgen noch hier sitzen. Also: Dicke Empfehlung, alles selber zu hören und die Texte daneben zu legen, um auch die ganzen Anspielungen zu verstehen.

Erster auf seiner Liste ist Lil Yachti:

„I can see why people like Lil Yachti but not me though / not even dissin it ain’t just for me / all I am is simply just an MC – maybe Stan isn’t your cup of tea / maybe your cup’s full of syrup and lean //“

Das ist der erste, zugegeben noch sanfte, Diss auf „Kamikaze“.

Dass Eminem kein großer Freund von Mumble Rap ist, ist ja bekannt. Was macht er also? Nimmt einfach den Flow von „Bad and Boujee“ von Migos, der ja nicht für eine klare Aussprache bekannt ist und zeigt ihm, wie es richtig gemacht wird. Kein direkter Diss, aber genial parodiert. Dasselbe macht er mit dem Flow von „Gucci Gang“ auch noch. Der Flow klingt gut, sobald man mehr als zwei Worte darüber nuschelt. Zeitgleich in dieser Passage auch noch einen Rundumschlag raushauen? Kein Problem:

„So, finger-bang, Chicken wang, MGK, Iggy ´zae, Lil Pump, Lil Xan imitate Lil Wayne / I should aim at everybody in the game – Pick a name //“

Wir kümmern uns jetzt noch um Machine Gun Kelly, den Rest müsst ihr selber rausfinden. Aber gerade das Ding mit MGK hat besonderes Potenzial. Der hat nämlich in diesem Jahr als Gast bei Tech N9ne´s Track „No Reason“ mitgewirkt. Da er aber auch durch einen (zugegebenermaßen sehr dämlichen) Tweet von 2012 über Eminem’s Tochter Hailie bei diesem ins Abseits geraten war, bekommt er jetzt halt auch sein Fett weg. Außerdem hat MGK Eminem schon mehrfach unterschwellig gedisst, nachdem Em seine Songs von Shade 45 entfernt hatte. Wenn man schonmal dabei ist…

„But next time you don’t gotta use Tech N9ne if you wanna come at me with a sub-machine gun /And I am talking to you but you already know who the fuck you are Kelly / I don’t use sublims and sure as fuck don’t sneak-diss / But keep comenting on my daughter Hailie/“

Warum die ganze Geschichte noch heißer werden könnte zwischen MGK und Em? Kelly hat inzwischen einen Disstrack veröffentlicht, mit dem Namen „Rap Devil“. Mal schauen, was da noch so passiert.

Aber was hat die Platte noch zu bieten? Und damit wir nicht wirklich noch morgen hier sitzen, nur ein kurzer Überblick: Auf „Stepping Stone“ entschuldigt er sich bei seinen Kollegen aus D12, wo er mal Mitglied war, dafür, sie teils als Sprungbrett genutzt zu haben. Nette Geste. „Normal“ handelt wahrscheinlich von ihm und Kim, ein wenig gegen die Ex zu stacheln darf bei einem Eminem-Album einfach nicht fehlen. Eminem wird vorgeworfen, er hätte als Weißer ja nichts für die Rap-Kultur getan. Er kontert, indem er aufzeigt, wen er inspiriert hat. Meine liebsten Beispiele sind hier Logic und 50 Cent („Fall“).

Das musikalische Highlight der Platte ist allerdings „Venom“, der Track den er für den gleichnamigen Film aufgenommen hat. Beat, Flow, Reime und Hook sind einfach Bombe.

Das ist der Eminem, den wir brauchen. Vollgas nach vorne. Wir müssen uns nur wohl damit anfreunden, dass der lustige Slim Shady nicht mehr ist. Wenn es dafür auch in Zukunft so abgeht, ist das ok.

Review overview

Gesamt:9

Summary

9