Beim Süchteln brennt 2019 waren wir auf eine Band ganz besonders neugierig: Flooot. Die gebürtigen Göttinger haben sich “Blechblas-Rap” auf die Fahne geschrieben. Wir wollten wissen, wie es zu dieser außergewöhnlichen Kombination von Rap und Blasintrumenten, vereint in den drei Frontmännern kam, wann wir mit dem Debut-Album rechnen können und wie wichtig, aber auch schwierig Social Media als junge Band ist.
Eure Bandzusammensetzung ist ja schon außergewöhnlich mit drei Bläsern vorneweg. Wie kam es dazu, wie habt ihr euch gefunden?
Wir kommen ja ursprünglich aus Göttingen und haben da als Schüler-Big-Band zusammen gespielt und da Jazz gemacht, aber dann hatten wir irgendwann Bock auch mal mit den Blasinstrumenten – mit Trompete und Posaune ist man eigentlich immer so der uncoole Typ in der letzten Reihe – mal was fetzigeres zu machen. Da sind wir in den Proberaum gegangen und wollten eigentlich erst ne Funkband gründen, bis wir dachten, wir könnten versuchen zu rappen. Konnten wir eigentlich nicht, aber… das haben wir uns dann ein bisschen selber angeeignet und mittlerweile läuft es einigermaßen, würde ich sagen. [lacht]
Auf eurer Homepage steht ganz groß „Blechblas-Rap“. Aber das seid ihr ja nicht nur. Welche Einflüsse habt ihr noch?
Blechblas-Rap ist einfach catchy, dann weiß man vielleicht ein bisschen mehr, worum es geht. Uns beeinflusst eigentlich alles. Viele von uns haben ihr Instrument auch studiert und machen viel Jazzmusik, aber auch viel Pop. Aber eigentlich wollen wir coole Rapper sein. Als Vorbild, was uns beeinflusst… in Deutschland gucken wir natürlich gerne auf LaBrassBanda oder Moop Mama, die auch mit Blasinstrumenten coole Sachen machen. Sonst natürlich auch Seeed. Das sind so die Sachen, die uns beeinflussen.
Wir haben „Leben muss sich lohnen“ zum Beispiel wirklich bei unserem Trompeter im Kleiderschrank aufgenommen.
Zu eurer aktuellen Single, „Leben muss sich lohnen“. Da geht es kritisch um Social Media. Wie ist denn euer persönliches Verhältnis zu Social Media?
Man muss dazu sagen, Facebook hat uns am Anfang sehr geholfen, weil wir noch zu einer Zeit bei Facebook unterwegs waren, in der man noch einfach Konzerte veranstalten konnte. Da hat man eine Facebook-Veranstaltung gemacht und auf einmal war das Konzert voll. Unser erstes Musikvideo, da haben wir einen Song über Göttingen gemacht, das ging dann viral, ist riesengroß geworden. Also es hat uns geholfen, mittlerweile sehen wir das aber alles ein bisschen anders. In „Leben muss sich lohnen“ geht es natürlich um Instagram hauptsächlich, weil wir auch gerade das Problem haben, dass wir auf Instagram auch aktiv werden müssen, weil Facebook ein bisschen einschläft. Und eigentlich haben wir da gar nicht so Bock drauf. Aber irgendwie müssen die Leute ja was von einem mitkriegen, und da dachten wir uns, da machen wir einen Song, der auch so hochkant gedreht ist wie eine Story, was ja auch totaler Schwachsinn eigentlich ist. Wenn dir jemand vor fünf Jahren gesagt hätte, ich dreh hier hochkant, dann hätte jeder gesagt, Vertical Video Syndrome, das ist total dumm, Anfängerfehler. Aber heute ist das irgendwie hip. Ein bisschen Kritik ist dabei, aber wir schwimmen schon mit. Wir haben ja keine Chance.
Euer Debutalbum steht in den Startlöchern. Wie lange habt ihr daran geschrieben?
Letztes Jahr war es live ein bisschen ruhiger um uns, und da haben wir dann ein Jahr geschrieben. Letzten Mittwoch und Donnerstag haben wir in Berlin und Hamburg gespielt und da quasi ein Prelistening gemacht und haben ein bisschen Feedback eingesammelt und gehen jetzt ins Studio und wollen dieses Jahr, sobald es fertig ist, das Album rausbringen. Aber die Songs sind alle geschrieben, es war viel Arbeit, und da passiert bestimmt auch noch ein bisschen was.
Wie läuft bei euch so das Songwriting ab?
Eigentlich schreiben alle mit. Die Texte machen natürlich die Sänger. Früher waren wir viel im Studio und haben auch immer im Studio aufgenommen, weil es auch cool ist. Es macht auch Bock, wenn man da nen coolen Tontechniker hat und nen guten Produzenten. Nur wir haben jetzt gemerkt, als wir so unsere ganzen Demos für das Album produziert haben, dass es mittlerweile eigentlich durch die ganze Technik, die wir uns jetzt auch selbst schon besorgt haben, auch echt gut bei uns zu Hause geht. Wir haben „Leben muss sich lohnen“ zum Beispiel wirklich bei unserem Trompeter im Kleiderschrank aufgenommen. Das geht halt. Es ist erstaunlich. Ich meine, Sido hat das auch schon gemacht. Es geht einfach, man produziert natürlich auch mehr. Im Hip-Hop muss man auch nicht jedes Schlagzeug einspielen, weil die Schlagzeuger sowieso immer öfter das im Studio einspielen und am Ende wird das doch irgendwie gesamplet und kommt doch irgendwie aus der Röhre. Und das ist alles mittlerweile so gut, dass wir versuchen dieses Album selbst aufzunehmen und so ist das Songwriting fast nur bei uns.
Da waren wir noch jung und fanden es irgendwie lustig, über Möbelstücke zu schreiben.
In welche Richtung geht euer Album? „Leben muss sich lohnen“ ist ja schon anders als das, was ihr vorher gemacht habt. Was kann man vom Album erwarten?
Wir sind ja als Schülerband gestartet. Da waren wir noch jung und fanden es irgendwie lustig, über Möbelstücke zu schreiben. Wir haben einen Song über ein Sofa geschrieben und sowas. Das ist unser erster Song, da stehen wir auch immer noch zu, den spielen wir auch heute und haben da auch immer noch Bock drauf, weil das auch ein cooler Song ist, aber man wird natürlich auch ein bisschen älter. Und dann wird man auch ein bisschen kritischer. Und ich glaube, das Album wird auch ein bisschen kritischer. Auch der Spaß ist natürlich wichtig! „Leben muss sich lohnen“ hat ja auch ein Augenzwinkern, aber ich glaube als Band hat man dann auch die Aufgabe, dass man nicht nur so witzi-witzi ein bisschen Spaß macht, – also, es muss ja nicht alles so bierernst sein – sondern auch mal auf ein paar Sachen zeigt. Das wollen wir jetzt machen. Wir haben noch ein paar andere Songs, einer heißt zum Beispiel „Deutscher Pop ist tot“, natürlich ein bisschen überspitzt dargestellt. Wohin geht überhaupt die Popmusik in Deutschland, ein bisschen kritischer.
Versteht ihr euch dann auch als politische Band?
Neh, das nicht. Wir sind jetzt nicht politisch aktiv, natürlich haben wir unsere Meinung, aber darum geht es in der Musik nicht. Wir wollen eigentlich, dass jeder die Musik hört, wir jedem aber trotzdem sagen können, guck mal auf die Sachen oder die. Ein bisschen Gesellschaftskritik vielleicht, aber keine Politik. Musik ist ja auch für gute Laune da, und deshalb ist so ein Sofa-Song auch immer wieder ganz gut. Ein bisschen Spaß und ein bisschen den Kopf ausmachen muss auch mal sein. Wir wollen so eine Mischung, und so soll das Album werden, hoffentlich.
Wann wollt ihr das Album releasen?
Geplant ist Oktober. Es dauert noch ein bisschen, so eine Albumveröffentlichung braucht immer Vorlauf, und wir wollen noch Musikvideos rausbringen und ein bisschen Promo machen.
Süchteln brennt: Das ist schon krass. Damit rechnet man nicht.
Ihr spielt mittlerweile auch auf größeren Festivals. Im Sommer steht das Open Flair an. Wie erlebt ihr das Süchteln brennt im Vergleich zu anderen Festivals in einer ähnlichen Größenordnung?
Ich glaube alle von uns sind überrascht von dem, was hier so abgeht [Ja, das kann man so sagen!]. Allein das ganze Videoequipment erwartest du so nicht, und mit was für einer Hingabe Markus das alles anscheinend schon so lange macht. [Auch wenn man sich das Line Up der letzten Jahre anguckt, schon erstaunlich!] Wenn man sich die Plakate anguckt, sieht man, okay, da sind Leute dabei, die mittlerweile gut zugelegt haben. Und was ich cool finde, es ist ausverkauft, und das Publikum hat das Vertrauen darin, dass hier immer gute Bands sind. Man kann es sich auch erlauben, dass wir jetzt hier zum Beispiel spielen. Ich glaube, wir haben bisher noch nicht so viele Fans in Süchteln, und das ist natürlich geil. Ich glaube, das ist ein geiles Publikum, sind jetzt schon alle gut drauf. Wenn man so durch Süchteln fährt, und dann kommst du hier rein und du siehst dann, was hier so aufgebaut wurde, das ist schon krass. Damit rechnet man nicht.