Alter Bridge haben letzte Woche Freitag „Wouldn’t You Rather“ veröffentlicht, den ersten Vorgeschmack auf das kommende Album „Walk The Sky“. Und alter Falter, ist der Track eine Bombe. Besser wird Hardrock nicht. Was mir aber aufgefallen ist, als ich mir den Track zu Gemüte geführt habe, ist folgendes: beim ersten Durchlauf ist „Wouldn’t You Rather“ ein geiles Stück Musik, beim zweiten Durchlauf aber – warum auch immer – nicht mehr. Wer dann sagt, dass ihm Alter Bridge nicht gefallen, der tut mir leid. Denn jetzt nach einer Woche und bestimmt 30 Durchläufen ist der Track momentan mein absolutes Go-to. Dass ich länger brauche, um mit manchem Output der US-Boys zurechtzukommen, ist dennoch auch nichts neues. Wie kommt das? Wieso klingen Alter Bridge beim ersten Hören so klasse, aber danach erst einmal nicht mehr, bis es plötzlich wieder herausragend wird?
Das könnte logischerweise an mehreren Dingen liegen, zum einen an einem komplexen Songwriting. Ich muss aber wohl nicht viel sagen, um euch wissen zu lassen, dass Alter Bridge nicht die komplexesten aller Tracks schreiben. Ja, „Blackbird“ beispielsweise ist komplex, aber so ziemlich alles von Dream Theater ist komplexer, und trotzdem bin ich bei Dream Theater sofort drin. Da brauche ich keine 20 Durchläufe, bis ich einen Track in mein Herz geschlossen habe.
Liegt es vielleicht an Myles Kennedys‘ schon recht ungewöhnlichen Stimme? Die Ausdrucksstärke seiner Stimme ist nicht Objekt von Diskussionen, sie ist wohl eine der Stimmen, die den Hardrock der aktuellen Zeit prägen können und wahrscheinlich auch werden. Kennedy hat eine recht hohe und eigentlich sehr sanfte Stimme, und diese Umstände der Musik anzupassen, machen ihn zu einem besonderen Sänger. Ein wirklich valider Grund für etwaige Startschwierigkeiten bei Alter Bridge-Tracks ist das aber auch nicht.
Meine Vermutung ist vielmehr die folgende: Myles Kennedy spielt nicht allein Gitarre, er hat mit Mark Tremonti einen fast schon lächerlich guten Partner an seiner musikalischen Seite. Die beiden sind aber in ihrem Stil, der Gitarre Töne zu entlocken, nahezu grundverschieden. Das lässt sich auch bei Mark Tremontis Nebenband Tremonti hervorragend erkennen. Tremonti spielen deutlich härtere, kräftigere und deutlich weniger melodiöse Musik. Man könnte Tremonti als das Negativ zu Alter Bridge bezeichnen.
Das bedeutet keinesfalls, das Mark Tremonti und Alter Bridge nicht zusammenpassen, ganz im Gegenteil: Er ist es, der erst den notwendigen letzten Punch mitbringt, der die Tracks zu Headbangern werden lässt. Der eigentliche Mix allerdings ist zu Beginn recht verwirrend, denn ich weiß erstmal nicht, welche Gitarre dadurch die „erste“ ist, und wer für was genau verantwortlich ist. Das ergibt sich alles erst später auf der Entdeckungsreise. Und Entdeckung ist ein prima Stichwort, denn natürlich hat der Mix auch Vorteile.
Einer ist eindeutig, dass jeder Track immer wieder entdeckt werden kann, und dass sich neue Facetten auftun. Erst nach vielem Hören erschließt sich euch ein Alter Bridge-Track so ganz. Und genau das ist es, was mich dieses Album mit so viel Vorfreude erwarten lässt. Es wird eine spannende Entdeckungsreise, deren ersten Schritt ich mit „Wouldn’t You Rather“ schon tun gehen durfte.
„Walk The Sky“ erscheint am 18. Oktober 2019 und soll 14 Tracks umfassen. Eine umfassende Europatour mit einigen Terminen in Deutschland ist auch schon bestätigt und ich selber werde mir die Kombination aus Sevendust, Shinedown, The Raven Age und eben Alter Bridge im schönen Köln anschauen. Man sieht sich dort.