Im November letzten Jahres ist ihr Album Master Of Light erschienen, am 07.02.2017 starten Freedom Call nun die gleichnamige Europa-Tour im Underground in Köln. Supported werden sie dabei von Eden’s Curse und Veonity.
Die drei Bands zusammen sind so ein perfekt aufeinander abgestimmtes Power Metal Package, dass man keine der Drei kennen muss, um einen grandiosen Abend haben zu können. Geht hin, wenn ihr mit dem Kram auch nur ansatzweise etwas anfangen könnt. Ihr werdet es nicht bereuen!
Der Tourstart begann allerdings mehr als holprig. Wegen technischer Probleme ließ man das Publikum ganze 40 Minuten später als geplant ins Underground. Der Technik-Gott meinte es auch den Rest des Abends nicht gut mit den Künstlern. Aber niemand braucht Götter, wenn Bands mit Bock an der Sache auf unerschütterliches Publikum treffen.
Eden’s Curse | Überzeugender Melodic Metal
Eden’s Curse ist eine gar nicht so kleine Nummer. Sowas erfährt jemand wie ich aber immer erst hinterher. Ihr rechtmäßiger Platz ist eigentlich der direct support, auf den sie aber hier verzichten, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, und den Opener geben. Vermutlich hätten sich sonst die kommenden Konzerte auf unbestimmte Zeit verzögert. Definitiv ein feiner Zug der multinationalen Band!
Eine dankbare Position ist das nämlich selten. Das gilt besonders für ein Publikum, das beim verspätetem Einlass und feuchten 2°C Außentemperaturen schon Frostbrand erlitten hat. Aber das Underground ist keine harte Nuss und Eden’s Curse sind feines Futter für Freedom Call Hörer.
Der Melodic Metal mit Einschlägen aus Hard Rock und Power Metal sitzt live auf allen Ebenen und kann da auch mehr als es auf Platte den Anschein hat. Sänger Nikola Mijic macht zwar den Eindruck eines eingesperrten Tigers auf der kleinen vollgestopften Bühne des Undergrounds, singt aber ungehindert den Schuppen an die Wand. So sehr, dass der Refrain von The Great Pretender mich noch tagelang verfolgt.
Viel Gefrickel bieten währenddessen Gitarrist Thorsten Köhne und Neuzugang / Keyboarder Chrism. Beide liefern sich ein Soli-Ping-Pong, das Freude macht.
Veonity | Blau, blau, blau blüht der Enzian
Dass die Umbaupause länger als geplant gedauert hat, wundert im Publikum keinen mehr. Stört aber auch keinen. Das ist wohl diese Entschleunigung, von der immer alle reden.
Sänger Anders Sköld der schwedischen Power Metal Band Veonity hat einen fragwürdigen Blaufimmel. Blaue Gitarre, blauer Hoodie. Letzteren warf er für den Auftritt immerhin noch von sich. Die musikalische Einlage der Schweden war so gut, dass das Blau das Fesselndste der Show bleibt. Und die Lockenmähne des Lead-Gitarristen. Die ist echt beeindruckend.
Veonity sind definitiv nicht schlecht, das will ich gar nicht sagen. Sie fügen sich perfekt in den Abend ein. Letztlich so gut, dass sie zwischen Eden’s Curse und Freedom Call einfach völlig untergegangen sind und musikalisch nichts hängen geblieben ist. Sorry!
Freedom Call | Wie kann man nur so glücklich sein?
Freedom Call zaubern mir auf Platte jedes Mal ein grenzdebiles Grinsen ins übellaunige Montagmorgengesicht, weil es einfach Laune macht. Dass man sowas aber natürlich mögen muss, habe ich ja schon in der Review zu Master of Light breit getreten.
Das wirklich Besondere an den Nürnbergern ist aber, dass sie auch live ein Garant für eine richtig gute Zeit sind. Scheiß halt auf den elitären Metal-Stock im Arsch und nimm dich stattdessen nicht so ernst – schon wirst Du mit Freedom Call glücklich werden.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum nach dem Einlass kein einziges Gequängel wegen der leicht desaströsen Organisation mehr an mein Ohr drang. Jeder ist tiefentspannt und freut sich auf eine Happy Metal Party. Nicht mehr, nicht weniger. Solch ein Publikum erlebt man selten, aber es setzt diesem Abend das wohlverdiente Prinzessinnenkrönchen auf. Creepy Hutmacher-Hut und Mitra beansprucht Sänger Chris Bay leider schon für sich. Aber dazu später mehr.
Freedom Call | Das Heavy Metal Wonderland
Das Underground ist durch den fehlenden Graben zwischen Publikum und Bühne die perfekte Location für diese Band. Wenn man fällt, fällt man gleich auf den Gitarristen.
Wer dort auftritt, hat also keine andere Chance als zumindest so zu tun als fände man Fankontakt so richtig knorke. Bei Freedom Call suchte aber nicht nur Chris non-stop aktiv Kontakt zum aufgedrehten Publikum, auch Ilker Ersin am Bass und Lars Rettkowitz an der Gitarre schäkerten mit den ersten Reihen.
Mit der Setlist liefern sie ordentlich ab. Der immer jammernde Fan staubt seine wenig gespielten Perlen Tears Of Babylon und Carry On ab; die neuen Fans bekommen mit fünf Songs der Master Of Light genug neues Futter und ein Freedom Call Konzert ohne Union Of The Strong, Freedom Call und Land of Light kann sich eh niemand vorstellen.
Und Warriors? Der Song hat mittlerweile seine ganz eigene Berümtheit erreicht – weit, sehr weit über die Metalgrenzen hinaus. Der aufmerksame RTL-II-Zuschauer hat die Nürnberger nämlich vor kurzem im Nachtprogramm neben zwei korpulenten, älteren Herren entdecken können. Bei der neuen Sendung „Tausch deinen Song“ performten Freedom Call das volksmusikalische Kulturgut Herzilein der Willdecker Herzbuben und die wiederum nahmen sich Warriors an.
„Habt ihr es gesehen?“, fragt Chris gespannt. Ja, es hatten viele gesehen. Ich auch. Und ich kann euch versichern, es hatte seine verstörenden Momente. Trotzdem fetzt Herzilein mit Doublebass und E-Gitarren ziemlich. Ich hatte Schlimmeres erwartet.
Die drolligen Herzbubis blieben uns aber an diesem Abend erspart. Ein Gruß geht dafür raus an die armen Erfurter, die sich das Experiment später noch einmal live anhören durften. Trotzdem bleibt dieser Auftritt Thema des Abends.
Bei Masters Of Light wird die weiße Akustikgitarre in Hochglanz gezückt. Den Wechsel zwischen dem E- und dem Akustikmodell könnte Chris aber noch üben. Oder er versteckt einfach sein verzweifeltes Gesicht hinter Accessoires, von denen hinter den Kulissen wohl zu viele herumfliegen…
Freedom Call | Zwischen Selbstironie und Peinlichkeit
…denn das zeigt der Frontmann bei Mr. Evil. An diesem Punkt vermischen sich Selbstironie mit Peinlichkeit bis sich ein Fünkchen Fremdscham breit macht. Mit einem Zylinder, den Chris offensichtlich aus der Mülltonne des verrückten Hutmachers geklaut hatte und einer silbernen Sonnenbrille mit Gläsern in stilechter Stern-Form, rockt auf zweifelhafte Weise dennoch die Nummer. Rosenmontag wäre er damit der heiße Scheiß.
Trotzdem heben solche Aktionen Freedom Call aus der schier endlosen Masse von Power Metal Bands. Deswegen mag ich sie so. Man geht zum Konzert hin (oder hört auch nur ein Album), den blaffenden Chef und das Finanzamt noch im Nacken, genießt 1,5 Stunden Freedom Call und geht zufrieden und bespaßt nach Hause. Geiler geht’s nicht.
…und ja, dann darf Chris auch bei einer ausführlichen Ansage zu Metal Is For Everyone eine Mitra auf seinem verschwitzten Haupt tragen. Ein äußerst würdevoller Anblick für alle Beteiligten übrigens.
Ich verzeihe Freedom Call aber mittlerweile alles.
Für die Zugabe wurde mit Power & Glory, Warriors und Land Of Light ausschließlich in der Evergreen-Kiste gewühlt.
Nach ausgiebigem Händeschütteln entließen Freedom Call sämtliche Besucher glücklich und zufrieden in die Nacht.
Und ich? Ich habe das nächste Ticket für die Nürnberger schon längst hier liegen…
Freedom Call | Master Of Light Tour 2017 | Deutschland & Schweiz
14.02. München, Backstage
15.02. Nürnberg, Hirsch
16.02. Bremen, Tivoli
17.02. Bochum, Matrix
18.02. Berlin, Badehaus
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