Hoch die Hände, wer bei dem Gedanken heimlich zusammenzuckt, wenn Bands wie Massendefekt und Killerpilze in einem Satz vorkommen! Seit dem Auftakt der Pazifik-Tour von Massendefekt in Münster geht’s mir tatsächlich nicht mehr so.

Ich kann es nicht ändern, aber das Bravo-Image der 2000er schwingt eben bei den Killerpilzen noch mit, solange man ihnen nicht bewusst eine Chance gibt. Die haben sie bekommen – und genutzt!
Viel übrig geblieben ist weder äußerlich (na gut, Drummer Fabian ist halt einfach markant) noch musikalisch von den damaligen Teenie-Stars. Stattdessen greift das Trio auf bodenständigen (Soft) Rock zurück.

Killerpilze, 02.03.2018, Münster, Sputnikhalle, Konzertbericht

Mistrauen und verhaltene Reaktionen vom Publikum lassen in mir währenddessen leichte Fremdscham-Momente aufkommen, weil sie das einfach nicht verdient haben. Handwerklich spürt man, dass die drei mittlerweile über 15 Jahre Bühnenerfahrung haben – ebenso wie Massendefekt btw. Gitarrist Mäx schreit sich die Seele aus dem Leib, Fabi spielt im Hintergrund gefühlt hinter seinen Möglichkeiten und Frontmann Jo ist es offensichtlich gewohnt, mit skeptischem Gegenwind umzugehen.

Statt die Vergangenheit einfach unter den Teppich zu kehren, gehen die drei locker damit um, verweisen auf ihre Doku mit dem Hinweis, einfach mal genauer hinzuschauen. Den Tipp kann ich an dieser Stelle nur weitergeben: Schaut da mal rein, gebt den Jungs eine Chance und vergesst beim Zuhören das nächste Mal für ein paar Momente das Wörtchen „Killerpilze“.

Killerpilze, 02.03.2018, Münster, Sputnikhalle, Konzertbericht

Vollkommen aufgewärmt ist das Publikum also nicht, steigt aber sofort ein, wenn die ersten Zeilen von Peter Schillings Major Tom die Halle füllen. Die Stimmbänder werden spätestens jetzt mit einem Kaltstart auf Betriebstemperatur gebracht und sind bereit für den Opener des Abends, des Albums und namensgebender Titel: Pazifik. Und damit offizieller Tourstart für Massendefekt in Münster.

Nervosität ist immer da. Man konzentriert sich auch mehr, wenn man neue Songs spielt. Die alten spielt man runter, weil man sicherer ist. Man weiß, was passiert, kann sich mehr aufs Publikum einlassen.

Mit sieben neuen Songs servieren die Meerbuscher mehr als die Hälfte des Albums live – garniert mit einer Extra-Portion Wumms. Schlechter Optimist, Maschinenmenschen und Indie/Hölle sind nicht nur meine persönlichen Lieblinge, auch das Münsteraner Publikum nimmt sie freudenstrahlend auf, bejubelt und beklatscht sie – oder untermauert sie im Falle von Indie/Hölle an passender Stelle mit Mittelfingern.

Die Band hat Bock, das Publikum hat Bock – aber die Sputnikhalle selbst macht nicht mit. Drei Mal fallen während der Songs Teile des Tons weg. Beim ersten Mal, nehmen alle es noch mit Humor. Wer sein Mikro noch benutzen kann, betreibt Schadensbegrenzung, der Rest wartet auf das Go vom Mischpult, was z.T. sehr lange auf sich warten lässt. Beim dritten Mal machen sich auch Massendefekt sichtlich Sorgen, während die ausgelassene Stimmung im Publikum langsam Ungeduld weicht.

Massendefekt, 02.03.2018, Münster, Pazifik-Tour, Sputnikhalle, Konzertbericht

Ich würde gern sagen, die Unterbrechungen gingen spurlos an allen Beteiligten vorbei, aber so ganz war das leider nicht der Fall. Dennoch greift hier die 15-jährige Bühnenerfahrung und die Meerbuscher ackern nahtlos weiter, kitzeln mit den Klassikern Augenblick, Überlebt, Der Hoffnung entgegen und Ein Gruß gen Himmel nochmal die letzten Stimmungsreste aus jedem heraus. Hut ab vor dieser Leistung unter diesen Bedingungen!

Leider kann ich mich ebenfalls nicht davon freisprechen, mich unter den Hallenbedingungen (mehr dazu auch weiter unten) doch unwohl gefühlt zu haben, in der Zugabe bei u.a. Wellenreiter und dem obligatorischen Rausschmeißer Massendefekt kommt dann aber doch dieses wohlige Gefühl, auf einem Konzert einer meiner Lieblingsbands zu sein.

Fotogalerie Massendefekt

Fotogalerie Killerpilze




Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung zur Sputnikhalle, die ich loswerden, mit denen ich aber nicht den Konzertbericht zumüllen möchte:
Keine Ahnung, an wem die technischen Probleme lagen, aber es passte zum Eindruck der Halle. Inmitten der Tanz- und Moshpit-Fläche ein Podest und damit eine Kante in die Halle zu knallen, finde ich extrem schwierig. Genau da, wo es heiß her gehen sollte, muss man darauf achten, nicht von der kleinen Stufe umgeknockt zu werden. Stimmungskiller. Ein Stück weiter hinten, wäre es kein Problem gewesen, siehe Underground – oder eben nicht mehr.
Das allerwichtigste: Kriegt euer scheiß Personal in den Griff. Es kann nicht Aufgabe des Sängers sein, dafür Sorge tragen zu müssen, euch daran zu erinnern, euren Job zu machen. Crowdsurfer fielen anfangs reihenweise ungehindert in den Graben, während die Securities sich das Spektakel rechts und links untätig angesehen haben. Erst nach Aufforderung von Sebi bewegte sich einer angepisst in Richtung des nächsten Crowdsurfers.
Im Objektschutz werden derzeit viele Sicherheitsfachkräfte gesucht. Da müsst ihr keine Menschen umhertragen, wenn euch das nicht taugt. Geht dahin. Bitte.