Am 12. Januar 2020 verfasste ich einige Zeilen zu meinen Erwartungen an DAS Musikjahr 2020. Ich habe sie nie veröffentlich. Möglicherweise war das schon der Anfang.

Heute, am drittletzten Tag von 2020, weiß ich nicht, ob ich über diese niedlichen Beschwerden über 2019 und die naiven Hoffnungen an 2020 lachen oder weinen soll. Beides vermutlich ein bisschen.

Aber lest selbst:

Hallo 2020,

mit deinem zarten Alter von 12 Tagen siehst Du bereits schmackhafter, aufregender und liebreizender aus als 2019 es war.

Im letzten Jahr habe ich zu viel Zeit im Krankenhaus verbracht (nicht als Patientin, keine Sorge diesbezüglich), meine Grenzen niedergetrampelt und viele schlechte Angewohnheiten wieder aufgenommen, die ich als abgehakt betrachtet hatte. Aber so ist dieses verworrene und anstrengende Ding, das sich Leben nennt. Durststrecken gehören dazu, solange man sie erkennt und daran werkelt.

Während 2019 hatte ich nichts für die Musik übrig, die Musik aber auch nichts für mich.

Der Defibrillator für mein dahinsiechendes Musikliebhaberherz waren zum Glück die Comeback-Nachrichten von Planlos und My Chemical Romance sowie die #backstagestories, die ich in Kooperation mit König & Meyer (Werbung, unbeauftragt) und vielen beeindruckenden Bands geschrieben habe. Eine ganz neue, spannende und manchmal furchteinflößende Auseinandersetzung mit dem Lebensgefühl „Musik“.

Abgesehen davon war 2019 ein entsetzlich langweiliges Musikjahr mit vielen Enttäuschungen und der Frage: „Ist das noch Punkrock?“. Spoiler: Nein, war es in den meisten Fällen nicht. Da gab es auch nichts mehr, was man sich schön reden konnte.

Bestes Beispiel, bei dem auch niemand widersprechen wird: „Feiern im Regen“ von den Toten Hosen (der Song hieß doch so, oder?! Es ist mir an dieser Stelle nicht wert nachzugucken #sorrynotsorry). Das Elend muss man nicht weiter ausführen. Selbst mein rosarote Fanbrille versagt da ihren sonst sehr guten Dienst. Der Song ist für die Tonne.

Ähnliches – und ich weiß, das ist eine eher unbeliebte Meinung – gilt für die Ibbenbürener JAK-Könige, den Donots. „Lauter als Bomben“ war schon…uff. Und dieses langweilige, kraftlose Uff zog sich auch in die spontane Schnapsidee „Willkommen Zuhaus“ weiter. Wo bleibt der Bumms? Der Bumms kam nirgendwo. Oder er hat mich zumindest nicht erreicht.

Im Metal passierte ebenfalls nichts. Pretty Maids und Dragonforce krallten sich Ende des Jahres noch einen Release-Slot, aber da war ich schon in Weihnachtsstimmung und hatte keinen Bock auf brachiale Gitarrenriffs, die mich zu dem Zeitpunkt schlichtweg überforderten.

Kurz: 2019 war unzufriedenstellend.

In 2020 wird alles besser

Das will ich zumindest hoffen, denn es steht viel auf dem Plan.

Ich werde eine magische Altersgrenze überschreiten; Kleidungsstücke tragen, deren pure Existenz ich bisher am liebsten geleugnet hätte; meine Steuerklasse ändern und – so wie es aktuell aussieht – ein wenig mehr Musik hören.

Der letzte Satz ist die Untertreibung des Jahrzehnts, ich habe nämlich richtig Bock auf all den nicen Shit, der bisher bekannt gegeben wurde. Mein Konzertjahr? Pure Perfektion. Zum aktuellen Stand habe ich schon Tickets für alle Bands, die ich für meine musikalische Glückseligkeit brauche. Mehr als das geht (fast) nicht:

  • DragonForce
    • Das anfangs von mir verschmähte und außerst cheesyge Album „Extreme Power Metal“ ist immer noch cheesy, aber ich mag es mittlerweile so sehr, dass es rauf und runter läuft. Die Geschwindigkeit der Songs wirkt besser als jeder Herzschrittmacher für meine eingeschlafene Musikbegeisterung.
  • Tequila and the Sunrise Gang
    • Ohne TATSGG kann ich einfach nicht mehr ins Konzertjahr starten. Die Jungs waren mit ihrer kurzfristigen Tour-Ankündigung das letzte Sahnehäubchen für mein perfektes Konzertjahr.
  • Minipax
    • Sie spielen sogar in Köln! Ich bin happy, dass Minipax wieder in meiner Ecke spielen und ich nicht extra für einen Support-Auftritt nach Frankfurt düsen muss – aber ich würd’s immer wieder tun.
  • Radio Havanna
    • Die Band hat sich ganz subtil und schleichend in meine Punk Rock-Must Haves gespielt. Neues Album + Tour dieses Jahr. Kann nur gut werden.
  • Turbostaat
    • Kein Must-Have für das Konzertjahr, aber irgendwie tut der Gedanke an ein Wiedersehen mit einem langjährigen Begleiter gut. Neues Album kommt oben drauf.
  • Planlos
    • Planlos! Leute, Planlos! Totgesagte Punk-Rock-Götter erheben sich wieder. Das wird sich vermutlich erst bei ihrem Comeback-Konzert wirklich in mein Bewusstsein niederlassen. Ich freue mich auf alles, was kommt. Die erste neue Single klang vielversprechend und beruhigt meine Angst, dass sie sich in der Zeit ähnlich verirrt haben könnten, wie die folgende Band.
  • Die Toten Hosen
    • Der letzte Song war scheiße. Aber ich bin Fan. Der Rest wird ja nicht schlechter und ich bin halt Fan. Hab‘ ich schon gesagt, dass ich Fan bin? Seit meinem 6. Lebensjahr. Ich bin Fan.
  • Die ärzte
    • Muss ich dazu noch was sagen?
  • Massendefekt
    • Das nächste Heimspiel in der Mitsubishi-Electric-Halle (für alle Alten, die wie ich nicht loslassen wollen: Philipshalle). Aktuell sind immer mehr Fotos und Videos aus dem Studio zu sehen, Nico mahnt das Streatteam zur Bereitschaft und der Jahresturnus stimmt auch – Album also incoming! Ich weiß zwar nicht, wie sie das letzte noch toppen wollen, aber wird bestimmt auch geil.
  • Donots
    • Wegen einer Durststrecke, die ich mit einer Band habe, gebe ich die doch nicht direkt auf. Außerdem fühlt sich ein Jahresende ohne Donots vollkommen falsch an. 2019 ausprobiert und für scheiße befunden.

Es gibt nur noch eine Band, die als krönendes, glänzendes Sahnehäubchen für das schmackhafte Konzertjahr 2020 fehlt: My Chemical Romance.

Ich habe noch die leise Hoffnung, dass sie doch noch beim Rock am Ring gedroppt werden, ich meine Niere für ein Tagesticket verkaufe und sie dann dort sehn kann. Das wäre schön.

[Edit aus dem Dezember 2020: Kurz danach hatte ich auch Tickets für das Headliner-Konzert von My Chemical Romance in Bonn.]