Weil Normalität – selbst in der Berichterstattung – bei Love A so deplatziert ist wie Ananas auf Pizzen, gibt es heute eine Liebeserklärung zum letzten Konzert im Kölner Gebäude 9 des komplett ausverkauften dreitägigen Tour-Exzesses.
Eigentlich und irgendwie ist meine Liebe zu Love A stark von meiner persönlichen Tagesform abhängig. Wer bereits Monumentschnipsel aus der Feder dieser Band gehört hat, weiß vermutlich auch warum: Ganz eigen, kantig, schmutzig, ein Hauch von Wahnsinn, der eine morbide Faszination auslöst, in der man sich plötzlich selbst wiederfindet. An diesem Abend brauchte ich genau das.
Drei Tage hintereinander folgten so viele Menschen den Rufen nach Hamburg und 2x nach Köln, dass alle Konzerte in kürzester Zeit ausverkauft waren. Vermutlich wäre auch eine dritte Wiederholung in Köln nicht an fehlendem Interesse gescheitert – wohl eher an der Energie des „dicken, alten Mannes“ (Zitat vom dicken, alten Mann) mit dem Hang zum Mic-Drop.
Heute bin ich aufgeregt. Denn ich darf meine Helden des lyrisch-akustischen Irr- und Wahnsinns fotografieren. Dabei ist doch nichts neu. Nicht mal die Vorband: Matches besteht zu 50% aus Love A-Mitgliedern, die sich wie Jörkk Mechenbier für zwischendurch andere Spielwiesen gesucht haben. Leider spaltet diese Formation das Publikum. Die Garage-Punk-Rock-Songs klangen oft so gleich, dass das vereinzelt Verwirrung aufkam, wann Köln denn nun zu klatschen hat. Aus anderen Ecken vernahm man dafür Geil!-Rufe. Ich gehörte zu der unbegeisterten Fraktion, lege euch aber ans Herz, sie sich selbst mal anzuschauen. Studio-Material gibt es nämlich noch nicht.
Mit Oder? und Juri startet der Love A-Part mit Perlen aus alten Irgendwie-Zeiten. Die Menge in der Mitte vom Gebäude 9 wabert im Takt des straighten Beats, außen wippen die Köpfe und Füße zur Frickelei der cleanen Gitarre.
In den ersten Songs bekommt Gitarrist Stefan mehrfach Probleme mit der Technik zu seinen Füßen und steckt immer wieder das komplette Brett mit den Effektgeräten um. Währenddessen füllt Sänger Jörkk Mechenbier die Zwangspause mit Seifenblasen, kleinen Anekdoten und Beleidigungen für seinen Gitarristen – so wie es sich in einer guten Freundschaft gehört.
Köln macht die Unterbrechung wenig aus. Sie hängen sowieso an Jörkks Lippen und so fühlt es sich nach Wiederaufnahme der Musik an, als sei nie was gewesen. Touché an Band und Publikum dafür. Die folgende Setlist folgt dem Motto der Gleichberechtigung. Alle vier Alben bekommen ähnliche Bühnenzeiten, trotzdem sind anhand der Lautstärke gemessen die Highlights der Kölner vor allem Trümmer, 100.000 Stühle leer, Nachbarn und das auf Zuruf eingebundene Freibad.
Währenddessen verausgabt sich Jörkk vollends, sodass am Ende weder Wasser- noch Bierdusche die völlige Resignation vor dem letzten Lied verhindern kann. Obwohl er zwischen den Songs immer wieder am Bühnenboden verschwindet, sind er und seine drei Mitstreiter in Hochform. Wenn man es zulässt, spielt sich diese Band in Körper und Seele. Deswegen bin ich nicht die einzige, die sich zwar regungslos am Hallenrand anlehnten und gleichzeitig ganz offensichtlich völlig in dieser Musik versunken ist.
„Brennt alles nieder, fickt das System“ skandiert das Publikum noch lange nachdem Love A die Bühne verlassen hatten und ich mich nach meinem persönlich besten Love A-Konzert grenzdebil grinsend durch die warme Frühlingsnacht auf den Weg nach Hause mache.
Danke, Love A.
& Danke Rookie Records für’s Möglichmachen.