Eins gleich vorneweg: Das, was Kafvka machen, ist eigentlich überhaupt nicht meine Baustelle. Mit Sprechgesang, vulgo Rap, und der Band selbst kenne ich mich in etwa so gut aus wie mit dem Balzverhalten der peruanischen Viscacha. Aber: Das, was Kafvka hier abliefern, hat mein Interesse geweckt. Und zwar so sehr, dass ich mir das genauer anhören musste. Man verzeihe mir daher, sollte man mir meine Unwissenheit anmerken.

Mit Hallo Welt beginnt 2084 puristisch mit Drum’n’Bass und steigert sich musikalisch, baut sich immer weiter auf, bis ich, mit Kafvka überhaupt nicht vertraut, überrascht aus der Wäsche blicke: Harte Gitarren. Ein lautes Schlagzeug. Im Instrumentalpart: Heftiges Riffing, das eher an extreme Spielarten des Metal erinnert. Inhaltlich befassen sich Kafvka mit dem Zustand der Welt, mit Trump („Trump oder Twitter, was war zuerst?!“), mit dem Menschen, der die Welt in diese Lage gebracht hat und sie nun retten muss – aber vielleicht nicht kann? Kurz: Dieser Song hat alles, meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ein gigantischer Start!

Kafvka positionieren sich auf 2084 politisch klar. In 2018 behandeln sie die Flüchtlingskrise, Migration im Allgemeinen und stellen sich klar gegen die AfD und den Trump’schen Isolationismus und betonen, dass „der Zufall des Gebietes, in dem man geboren ist“ keinen Einfluss auf die eigenen Lebensperspektiven haben sollte. Apropos AfD: Mit Fick dein Volk wird die unsägliche Behauptung, das blau-braune Pack sei „das Volk“, mit der nötigen Wut zerlegt. Die Wut schlägt sich, neben der instrumentalen Nähe zum Metalcore, auch in den Vocals nieder: Passend überschlägt sich die Stimme von Frontmann Jonas Kakoschke.

Genau dieses Stilmittel macht mir den ein oder anderen Song jedoch völlig zunichte. Wi-Fi wird so leider für meine Ohren spätestens im Refrain nervig und ätzend und wird so, trotz der durchaus treffenden Gesellschaftskritik an der Sucht nach ständiger Vernetzung, zu einem Totalausfall und fällt musikalisch etwas zu platt aus. Ähnlich geht es mir mit Chip im Kopf (der übrigens im Jahr 2084 spielt): Gegen die starke Instrumentalisierung wirken die Vocals blass und kraftlos. Aber: Auch wenn ich den Song nicht sonderlich gelungen finde, sitzt er fest in meinem Ohr. So wird aus „Ich will einen Chip in meinem Kopf“ schnell „Hol‘ mir diesen Song aus meinem Kopf!“

Zwischen diesen zwei Polen pendelt 2084 auch über die restliche Albumlaufzeit. Das straighte Groß in der Kleinstadt avanciert zu einem starken Highlight, auch das atmosphärische Generationskonflikt, das musikalisch seine Fühler gen Hardcore ausstreckt, sticht hervor. In Utopie erträumen sich Kafvka eine Welt ohne Geld, der Refrain schwächelt aber leider wieder am Gesang von Jonas Kakoschke, bleibt aber noch auf der positiven Seite. Dagegen bleibt Paranoia im Paradies reichlich blass und schwirrt etwas belanglos an mir vorbei, und das Autotune-gestützte letzte Drittel von Egal was passiert ist wirklich scheußlich. Autotune ist, allen Gerüchten zum Trotz, kein Stilmittel, Nein.

Der Gesamteindruck fällt entsprechend durchwachsen aus. Kafvka liefern hier enorm starke Tracks ab und präsentieren eine interessante Mischung aus experimentierfreudiger Musik, die bis in harte Rockgefilde abdriften, Rap und elektronischer Unterstützung. Auf der anderen Seite gibt es leider auch Totalausfälle und ein paar eher belanglosere Titel. Dennoch: Wer nicht allzu festgelegt, sondern offen ist für musikalische Experimente, sollte diesem Album unbedingt eine Chance geben.

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2084 | Die Fakten

Name: 2084

Genre: Crossover

Länge: 39 Minuten

Release: 27. April 2018

Label: Dodo Beach Originals

Tourdaten

2084 – Gib dein Königreich auf!
31.05.2018: Bremen – Lagerhaus
01.06.2018: Hamburg – Hafenklang
02.06.2018: Berlin – Badehaus
07.06.2018: Braunschweig – Eulenglück
08.06.2018: Düsseldorf – The Tube
09.06.2018: Osnabrück – Kleine Freiheit
13.06.2018: Nürnberg – MUZ Club
14.06.2018: Stuttgart – Goldmarks
15.06.2018: München – Milla

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Review overview

Gesamt:6.5

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