Adam Angst ist wieder so eine Band, die man nur entdeckt, weil sie auf fremden Hochzeiten tanzen.
Vorband von den Donots zu sein, reicht bei mir scheinbar schon als Beuteschema aus. Auf dem Grand Münster Slam zum ersten Mal gesehen, war ich kurz verstört, dann irritiert und am Ende begeistert von Adam Angst.
“Du holst dir das Album, oder?”, fragte mich mein Freund nach dem Auftritt. Pff! Als wäre ich so berechenbar! “Ich weiß nicht, sooo gut waren die jetzt auch nicht.”, lautete meine Antwort – und sie war sowas von gelogen.
Who the fuck are… | Adam Angst
Adam Angst wurde 2014 von Sänger und Frontmann Felix Schönfuss ins Leben gerufen. Vielleicht klingelt bei manchen hier ein Glöckchen im Hinterkopf, denn ihn kennt man auch von der Band Frau Potz. Die befindet sich allerdings seit 2013 in einem komatösen Zustand und eine Wiederauferstehung ist nicht in Sicht. Es musste also etwas Neues her.
Schönfuss hat sich neben FJØRT-Bassist David Frings auch Christian Kruse und Roman Hartmann an den Gitarren und Johannes Koster am Schlagzeug gekrallt. 2015 erschien das Debüt-Album Adam Angst.
Adam Angst – Adam Angst | Die Fakten
Name: Adam Angst
Genre: Punk Rock
Länge: 40 Minuten
Release: 20. Februar 2015
Label: Grand Hotel van Cleef
Adam Angst – Adam Angst | Die Review im Detail
Stell dir vor, Jesus wird von Gott zurück auf die Erde geschickt, um die Menschheit endgültig zu vernichten. Statt sich aber einem großflächigen Genozid zu widmen, erliegt er der Versuchung von 8 Millionen Klicks und einer eigenen Show auf ProSieben.
Wenn Felix Schönfuss als Jesus Christus im gleichnamigen Album-Opener zum klickgeilen Social Media Star avanciert, weißt Du schon einmal, auf welchem textlichen und lyrischen Niveau Adam Angst sich die nächsten 10 Songs bewegt.
Böse. Eloquent. Ehrlich. Verbittert. Das ist der Anfang.
Und wer den Anfang mag, wird auch den Rest mögen. Adam Angst klingt wie eine Mischung aus Frau Potz und Turbostaat. Viel Gitarre, clean mit wenig Schnörkel und Gerappel. Deutscher Punk Rock eben. Allerdings wehrt sich Felix Schönfuss gegen diese Genreeinordnung und beschreibt Adam Angst selbst als „kritische Texte mit Gitarrenmusik“. Meinetwegen auch dass.
Kritik im Großen kann Schönfuss nämlich genauso wie im Kleinen. Ja Ja, ich weiß beschreibt die Probleme einer Beziehung nämlich so lebensnah, dass man gleich Lust darauf bekommt, die eigene zu beenden.
Von den Problemen innerhalb der eigenen vier Wände geht es gleich wieder mitten in den Abgrund der Gesellschaft. Inspiriert von einer wahren Geschichte, die jeder kennt: Einmal zu lange an der Trinkhalle rumgelungert oder zu lange für die Currywurst am Imbisswagen gebraucht, schon kommt von irgendwo ein besorgter Bürger her – die wahren Professoren dieses Landes eben.
Es ist ja nicht so, dass die Stimme von Schönfuss allein dir die Texte in die letzten Hirnwindungen knüppelt. Adam Angst geht aber auf Nummer sicher mit einem dominanten Schlagzeug, das sich immer und immer wieder in den Vordergrund ackert. Die Gitarren verlieren daher an einigen Stellen sogar ihre vorantreibende Kraft.
Die Texte sind vom ersten bis zum letzten Song Highlight und Herzstück zugleich. Wer hier nicht auf die Worte hört, ist selbst schuld. Denn die Germanistin in mir bekommt dabei Schnappatmung. Adam Angst verpacken selbst einen gehobenen Zeigefinger sprachlich so fein, dass Du gar nicht merkst, dass er dir schon längst im Nacken sitzt. Ein bisschen wie eine Pistole. Aber nur ein bisschen.
Währenddessen sind andere Songs wie Wunderbar und Wochenende. Saufen. Geil. und der angesprochene Jesus Christus und Altar in Ironie und Zynismus paniert, mariniert und garniert bis der gemeine AfD-Wähler keine Ahnung mehr hat, worum es eigentlich geht. Auf welchem Sender lief die Show von Jesus nochmal?
Für Fans von…
- Frau Potz
- Turbostaat
- Love A
Meine Top 5
- Jesus Christus
- Was der Teufel sagt
- Ja Ja, ich weiß
- Splitter von Granaten
- Altar
Guter Stoff oder zu überintellektuell?
Review overview
Summary
8Manchmal trifft‘s auch eine simple Beschreibung: „kritische Texte mit Gitarrenmusik“, denn Punk Rock soll’s nicht sein. Klingt trotzdem so. Text-Fanatiker haben hier sprachlich – wenn nicht ihren Meister – zumindest ihren Herrn gefunden, der im Laufe des Albums in jedem Hörer misanthropische Züge weckt. Enttäuscht sind nur die, denen der Inhalt eigentlich egal ist. Denn dann bleibt nur noch Gitarrenmusik, die es eben überall gibt.