Nachdem das Konzert im August aufgrund von Stimmproblemen von Turbostaat-Sänger und krankem Hühnchen Jan Windmeier abgesagt werden musste, wurde es nun am 24. Januar im DJäzz in Duisburg endlich nachgeholt.

Das DJäzz

Zu Beginn des Abends gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht.
Die Gute: Die seelenlosen print-at-Home-Tickets werden durch feine Hardtickets ausgetauscht.
Die Schlechte: Es gibt Einhorn-Stempel auf den Handrücken. Wer hätte gedacht, dass mich diese Regenbogen pupsenden Viecher nicht nur ununterbrochen im Einzelhandel auflauern, jetzt haben erobern sie auch den Punk Rock. Ich möchte weinen.

Aber das tue ich nicht. Denn dieses entzückende, kleine Etablissement namens Djäzz erinnert mich einfach zu sehr an mein heimisches Wohnzimmer. Nur neuerdings eben mit einer fetten Bar. Abgesehen von den hässlichen 70er Jahre Tapeten, über die man vielleicht noch mal reden müsste, hat dieser Schuhkarton von einem Club einfach etwas wohlig Winziges. Wie da am Ende 150 Leute reinpassen sollen, haben sich auch Turbostaat vor dem Konzert gefragt.

Turbostaat | Mit nur ein bisschen Verspätung

Vorbands gibt es keine. Turbostaat übernehmen selbst den ersten und den letzten Ton.
Ein bisschen verspätet (es waren 5 Monate, 13 Tage und 8 Minuten Verspätung – aber wer guckt schon so genau auf die Uhr?) betraten die fünf Husumer die Bühne. Also eigentlich handelt es sich dabei bloß um ein Podest auf Schienbeinhöhe. Das war zwar weder imposant noch sonderlich hilfreich für die Sicht auf die Band, aber ebenso charmant wie der ganze Laden – und Turbostaat.

Vermutlich gibt es keinen regelmäßigen Konzert- und Festivalgänger, der Turbostaat noch nicht gesehen hat. Sie haben jedes Festival und jedes Kaff gezockt und dennoch merkt man, dass sie sich in jemandes Wohnzimmer vor 150 Jahren weitaus wohler fühlen als auf einer Riesenbühne in einem Stadion. Dort untersuchte Sänger Jan Windmeier nämlich 2015 bei Rock im Sektor die meiste Zeit lieber eingängig das Schlagzeug als sich ins Scheinwerferlicht zu wagen.

Aber das sind eben Turbostaat. Nordisches Understatement, wenig Worte neben den Songs, dafür umso mehr dazwischen.

Turbostaat | Sound und Seltlist vom Feinsten

Mit dem Opener Ruperts Gruen beweisen sie, dass sie eine Vorband als Einheizer so gar nicht nötig haben. Der Sound im DJäzz ist brachial passend für das Gemenge aus punkigen und monotonen Nummern.

Eisenmann wirkt erst hier so richtig zwischen engstehenden Wänden und im Nebel schwindenden Silhouetten von Menschen, die scheinbar willenlos dem Bassrhythmus folgen. Eine eigenwillige Atmosphäre breitet sich aus. Auf großen Bühnen undenkbar, ist es die Intimität, die in solchen Momenten wie Blei im Raum wabert und den für Turbostaat typischen schweren Sound spürbar macht.

Songs wie Vormann Leiss und Harm Rochel bieten eingestreut im Gegenzug aber ein Ventil, um Band und Publikum immer wieder davon frei zu machen. Auf in den Moshpit, um sich zu lautstark eine der brennendsten Fragen in der heutigen Zeit zu stellen: Ist das Quatsch, oder ist das euer Ernst?

Der Schwerpunkt der Setlist liegt hörbar auf ihrem 2016 erschienenen Album Abalonia. Aber hier treffen Turbostaat erneut eine Mischung, die auch Fans der älteren Stücke nicht unbefriedigt zurücklässt.

Turbostaat | Fazit

Turbostaat enttäuschen einfach nicht. Allerdings haben sie mich vor diesem Abend auch noch nie so sehr begeistern können. Gepaart mit einem wahnsinnig angenehmen Publikum und einer Location, an der ich ein bisschen mein Herz verloren habe, war das ein perfektes Konzert. Daher bin ich sehr, sehr gespannt, ob das Konzert in Düsseldorf da überhaupt mithalten kann!