Willkommen in den 70ern. Den 70ern, wo eine Band wie Pink Floyd Familien prägte, “Mongo” ein ganz normales Wort war, Heino hingegen schwierig (besonders, wenn man Pink Floyd hörte).

In seinem autobiografischen Roman “Die Kinder hören Pink Floyd” nimmt Alexander Gorkow die Lesenden mit in das Jahrzehnt von Krisen, Umbrüchen und dem Wunsch nach Veränderungen.

Gorkow schafft es so selbstverständlich mich als Millennial in das unbekannte Jahrzehnt zu katapultieren, dass ich viele Seiten lang mit einem Kulturschock zu kämpfen hatte. Begriffe wie “Mongo” waren damals selbstverständlich, Rassismus an der Tagesordnung und das Patriarchat gehörte zur familiären Lebensrealität der meisten. Die Einzige, die solche Konzepte hinterfragt und gegen sie rebelliert, ist die Schwester. Sie personalisiert das genaue Gegenteil von Traditionen und wird so zum musikalischen und moralischen Kompass für den Protagonisten. Zwischen beiden Welten und über die Jahre hinweg bleibt einzig und allein die Musik, nämlich die von Pink Floyd die einzige Konstante.

Dieses Buch hat mir die Augen geöffnet. Weniger im Hinblick auf Musik oder die Bedeutung von Pink Floyd insbesondere, sondern eher in Bezug auf die Lebenswelt der 70er, und hat damit massiv Verständnis für viele Ansichten gesorgt, die ich gern mit “Okay, Boomer” abtue. In dieser Zeit sozialisiert worden zu sein, heißt sich Feindbildern bzw. “Monstern” gegenüber zu stehen. Seien es die Amerikaner, Japaner oder Heino. Das abzulegen birgt bis heute sicherlich seine Schwierigkeiten. Denn Monstern aus der Kindheit entkommt man nicht.

Für diese Erkenntnis ist der Epilog jedoch essentiell. Gorkow springt einige Jahrzehnte vorwärts und rückt viele Themen im Nachhinein noch einmal zurecht – wobei ich darauf inhaltlich hier nicht weiter eingehen werde. Im Epilog ist Gorkow sprachlich und stilistisch so unterhaltsam, dass der Rest des Buches dagegen leider ähnlich aufregend anmutet, wie die braunen Badezimmer-Fliesen der 70er.

Fazit

Es ist ein interessantes Buch, bei dem ich allerdings empfehle, mit den eigenen Erwartungen zu haushalten. Ja, Musik ist hier ein konstantes Motiv, aber an vielen Stellen nur Beiwerk. Wer allerdings gern mal in die ungeschönte Wahrheit eines Familienlebens in den 70ern blicken möchte und sich auch als Millennial oder jünger den Kopf gerade rücken lassen möchte, ist hier genau richtig.