Simple Plan und Sum 41 können einstecken – die sind sowieso schon zu verbraucht für ihre alten College-Songs. Ab sofort weht der frischeste Wind nämlich ausgerechnet aus Ulm in das sonnengetränkte Pop-Punk-Universum. City Kids Feel The Beat sind mindestens genauso cheesy, cheeky wie ihre namhaften Kollegen und gleichzeitig einen großen Schritt voraus.

Pop Punk und seine selbst auferlegten Problemchen

Die frühen 2000er waren voll davon: Junge, amerikanische Sweethearts, die mit pieksigen Stachelfrisuren und zu tief hängenden Gitarren gegen die Schule und Liebeskummer rebellierten. Dazu eine Bad-Boy-Attitüde, nach der sich heute niemand mehr umdrehen würde. Die Musik war eingängig und leicht, schnulzig und kitschig, aber weniger rebellisch und kantig als man je zugegeben hätte. Pop Punk als kleine Rebellion im Kinderzimmer. Vielleicht ist das immer noch so, aber ich bin zu alt für den Scheiß. Meistens.

Denn eigentlich habe ich immer noch eine kleine 14-jährige Möchtegern-Rebellin in mir, die gern zu solch cheesy Musik quietscht und tanzt – don’t judge me! Es gibt da nur ein paar Probleme in diesem Genre, die auch heute bei den meisten Alben, die sich in mein Postfach oder Playlist verirren, nicht ausgemerzt sind:

  1. Alle Songs klingen gleich.
  2. Alle gleichklingenden Songs klingen gleich nach [hier bitte die entsprechende amerikanische Pop-Punk-Größe der 90er/frühen 2000er einsetzen]
  3. Alle gleichklingenden Songs klingen also wie schon einmal dagewesene, gleichklingende Songs.
  4. Das Punkigste an allen schon einmal dagewesenen, gleichklingenden Pop-Punk-Songs ist der Mut, sich selbst „Punk“ auf die Fahne zu schreiben.

Kurzum: Die Genre-Einordnung „Pop-Punk“ löst unweigerlich ein inneres Augenrollen aus, während ich innerlich die Hoffnung auf gute Vertreter noch nicht aufgegeben habe.

City Kids Feel The Beat zeigen, was Pop Punk kann

Meine Belohnung fürs Durchhalten: City Kids Feel The Beat.
Das Debüt des aus Ulm(!)* stammenden Quintetts positioniert sich exakt zwischen Pop und Punk. Der Opener und namensgebende Titel Cheeky Heart und die Singleauskopplung What I Can’t Get loten insbesondere mit „Na na na na na“-Chören die typischen und fast grenzwertig kitschigen Soundelementen der zuckrig-süßen Pop-Skala aus. Überflüssig zu erwähnen, dass die Lieder sich um den Kampf von Liebe, Herz(-schmerz) und Kopf drehen. Bis dato Songs, die unter Punkt 2 fallen könnten, doch City Kids Feel The Beat wären nicht City Kids Feel The Beat, wenn sie das Süßholz nicht ganz gezielt mit einer gewissen Härte als dunkleren Gitarrenriffs puffern würden – und genau das ist der einfache, aber wirksame Clue.

What I Can’t Get, Worst Date und That’s Why sind Spitzenkandidaten, um im College-Schnulz-Einheitsbrei unterzugehen. Die Ulmer erfinden das Rad an solchen Stellen nicht neu, pumpen es aber mit Fingerspitzengefühl partiell genug auf, um nicht ins Schlingern zu geraten.

Die Spikes fährt die Fünfer-Kombo in Rewrite aus und zeigt, dass sie auch am anderen Ende der Skala zuhause sind. Hier drehen sie den Spieß um: Die straighte Punknummer ist unterfüttert mit Zuckerwatte (Anti Flag lässt grüßen!) und knüppelt plötzlich sogar mit Hardcore Beats, Riffs und Vocals auf. Damit legt die Band den Beweis vor, dass eingängig und zugänglich ungleich langweilig bedeutet.

Melancholisch wird es am Ende noch einmal in Coming Home, einer fast-Ballade, die von Pop Beats lebt und von kantigen Riff-Drum-Kombis am Leben gehalten wird.

Während City Kids Feel The Beat ihren eigenen Sound definitiv gefunden haben, hängt der Text noch hinterher. „What doesn’t kill you // Just makes you even stronger“ in Balls of a Dragon – So etwas wird dem Sound nicht gerecht, der es so gut schafft, das Genre, wie ich es mir vorstelle, gerade zu rücken. Leider stolpert man immer wieder durch solche platten Phrasen.
Es gibt allerdings auch positive Beispiele: „I think I forgot to walk my goldfish“ als Ausrede in Worst Date passt einerseits in das Pop-Punk-Erlebnisses einer romantischen Komödie, bringt andererseits aber auch Witz und Unerwartetes aus dem Hause CKFTB hinein. Gerne beim nächsten Album mehr kreative Textarbeit aus Ulm, statt Kalendersprüchen aus dem Glückskeks.

Ich bin dennoch überzeugt. Das Album ist trotz der breiten Auslotung beider Genres ein rundes Gesamtwerk und macht aufgrund der kleinen Abwechslungen im Sound den Unterschied zu vergleichbaren Bands.
Die Songs von Cheeky Heart haben es sogar auf meinen 16GB kleinen iPod geschafft, Neulinge haben es nicht leicht, dort wichtige MB abzugreifen.

City Kids Feel The Beat auf Tour:

City Kids Feel The Beat Tour live
by Calvin Müller

22.11.18 Ulm, Cabaret Eden – Album Release Show
14.12.18 Laupheim, Singer Songwriter Festival Akustik Konzert
15.12.18 Offingen, Cold As Ice Fest
12.01.19 Nürnberg, Hirsch – Pull The Trigger
24.01.19 Berlin, Privatclub
25.01.19 Braunschweig, Eule
26.01.19 Göttingen, Exil
01.02.19 Halle, Rockpool
02.02.19 Aalen, Frapé
15.02.19 Köln, Stereo Wonderland
16.02.19 Oberhausen, Zentrum Altenberg w. Flash Forward Support
15.03.19 Leipzig, Naumanns

* Frage: In Ulm kann man nicht viel machen außer Musik, oder?!

Review overview

Gesamt:7.5

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7.5