Schon in der ersten Zeile des Albums ist von „Schackilacki“ die Rede. Es keimt die leichte Hoffnung, dieses sagenumworbene Wort würde irgendwann auch nur annähernd Sinn ergeben. Doch auch eine Germanistin muss sich eingestehen, dass es Wörter gibt, deren Sinn im Unsinn liegt. Genauer betrachtet hätte es aber deswegen auch keinen besseren Titel für das sechste Studioalbum von Montreal geben können.
Montreal sind eben einfach Schackilacki. Und Schackilacki wird man nicht mehr so einfach los.

Montreal – Schackilacki | Die Review im Detail

Der Opener Kino?! ist die liedgewordene allsamstägliche Diskussion, ob es nun zwischen Schampus und Action auf die geilste Party der Stadt geht oder ins örtliche Kino. Ein Opener mit Ohrwurmgarantie, der verspricht, was das Album hält: Poppige Punk-Rock-Elemente als Basis für absurd abstruse Texte.

Montreal beherrschen das Spiel mit dem alltäglichen Wahnsinn eben exzellent und verpacken den wiederum in lustig, lockere Melodien. Ihre aktuelle Auskopplung Osnabrück ist da keine Ausnahme, sondern die Krönung. Eine herrliche Hommage an eine der glücklichsten Städte der Welt, die sich so sehr in dein Hirn frisst, bis man sich dieser Stadt ungefähr so verbunden fühlt wie Montreal selbst. Ungefähr so sehr, dass man das dazugehörige Video in Münster dreht.

Warum ausgerechnet Osnabrück ein ganzer Song gewidmet wurde und wieso die Beziehung Montreal-Osnabrück eine ganz besondere ist, erzählt Hirsch euch in unserem Interview lieber selbst!

Noch ein Stück debiler wird es bei Musik in meinen Ohren. Dieses Lied beschreibt das vergnügliche Szenario, sich in eine Verschwörungstheoretikerin zu verlieben. Nur getoppt wird das von 120 Sekunden: „Dieses Lied ist ein vertontes Zeitmaß!“ – dem ist wohl nichts hinzuzufügen. Außer großen Respekt, aus den größten Banalitäten doch noch so gute Musik rauszuquetschen, dass es unterhält, eingängig ist und durchweg großen Spaß beim Hören bereitet!

Den Berlinern aber bloße Trivialität nachzusagen, wäre dann doch beleidigend. Denn Montreal kann auch politisch sein. Ihre erste Single Idioten der Saison bietet von vorne bis hinten ein perfektes Abbild der vergangenen, aktuellen und eigentlich immer aufkeimenden Idiotie einiger Menschen. Statt dieses Thema aber in langweilige Plattitüden zu verpacken, wird diese geniale Frucht-Metapher ausgepackt. Die Bildsprache sitzt wie Arsch auf Eimer und die melodiösen Gitarrenriffs lockern den Song noch zusätzlich auf. Auch hier gilt: Gravierende Ohrwurm-Gefahr!

Auch Glaubensfragen fetzt in der gleichen Nische. Diesmal aber roher und punkiger, dafür nicht weniger klangvoll. „Ihr glaubt gründlich und ihr glaubt doll / und ihr glaubt, dass jeder glauben soll / ich will nicht ketzen, doch glaubt ihr nicht / ´ne Runde Hoffen stünd‘ euch besser zu Gesicht“ – Hoffen statt Glauben ist vielleicht schon so etwas wie ein Lösungsansatz.

So einschlägig die Textideen sind, so lässt der Sound verschenktes Potenzial zurück. Max Power gibt an den Drums leider weniger Gas und zu wenig Varianz, sodass das Schlagzeug leider oft in seiner Monotonie aus der Wahrnehmung verschwindet. Einfach nur verstehen und Was ich will leiden darunter besonders. Schade, dass man mit Was ich will mit dem schwächsten Song des Album entlassen wird. Denn dadurch verwischt leicht der positive Eindruck des Albums, das vor allem in der ersten Hälfte seine Stärken hat, die es hinten raus nicht mehr vollends halten kann.

Musikalisch erfinden Montreal das Rad auf Schackilacki also sicherlich nicht neu, dafür sieht das Rad bei ihnen aber verdammt gut aus. Aus Chrom. Ein bisschen abgefahren. Mit Blümchen. Und Totenköpfen. Und Klopapier.

Im Interview mit Hirsch erzähllt er, warum man Schackilacki unbedingt haben muss und wie viel Zwei Drittel Krach und Montreal eigentlich gemeinsam haben!

Für Fans von…

  • die ärzte
  • Itchy
  • frühe Donots

Meine Top 3

  1. Idioten der Saison
  2. Kino!?
  3. Osnabrück

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Who the fuck are… | Montreal

Montreal sind drei Berliner aus Hamburg, die sich aus Mangel an Alternativen auf dem Dorf zu 2003 zu eben dieser Band formten. Schon 1999 machten sie zusammen unter dem Namen Financial Freaks englischsprachigen Punk Rock. Zu mehr als zur Demo-CD Masturbation saved our life reichte es damals aber nicht. Umarrangiert und mit deutschen Texten versehen, landeten einige Songs 2005 dennoch auf Montreals Debütalbum Alles auf Schwarz. Seither touren sie mit deutschem, poppig angehauchtem Punk Rock sogar durch Europa.

Bandmitglieder: Hirsch (bass), Yonas (guitar), Max Power (drums)

Montreal – Schackilacki | Die Fakten

Name: Schackilacki
Genre: Punk Rock
Länge: 31 Minuten
Release: 23. Juni 2017
Label: Amigo Recors

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Review overview

Gesamt:7.5

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7.5