Leoniden wurden in den letzten Wochen immer wieder als neuen Geheimtipp der Indie-Szene gehandelt. Überall ploppt plötzlich unvermittelt ihr Two-Peace-Sign auf – sogar bis zu Circus Halli Galli haben es die fünf Kieler geschafft.
Ihr selbstbetiteltes Debütalbum war bereits erfrischend anders. Live haben die Fünf nun gezeigt, dass der Hype nicht nur real, sondern auch berechtigt ist!
I Salute | Verkopftes HipHop Duo
Support-Act an diesem Abend ist das HipHop-Noise-Duo I Salute. Die beiden bringen ein Set mit, das nicht leicht zu verdauen ist. Die sphärisch geballten Elektro-Sounds wollen dabei in kein Genre-Raster passen, setzen beim Zuhören aber emotional schwer zu. Allein der wummernde Bass, der völlig unerwartet immer wieder direkt in die Magengrube schlägt, erzeugt inneren Schwermut. Mit der Kombi aus echtem Schlagzeug und Percussion-Pad setzt Magnus an den Drums aber noch einen drauf. Derweil kämpft sich Sänger Sören durch die Tracks, lebt, fühlt und transportiert seine Texte, die er teilweise über Monate hinweg geschrieben hat.
Diese verkopfte Perfektion hört man der Musik an, aber man sieht es an diesem Abend auch an Sören selbst. Er ist mit seiner Leistung punktuell überhaupt nicht zufrieden, flucht und ärgert sich. Dabei hat das Publikum die Ausrutscher gar nicht bemerkt, sondern schenkte I Salute nach jedem Song ordentlich Applaus.
Livemusik besteht eben aus dieser Dynamik, in der Fehler passieren können. Daher ist es schade, dass Sören so offensichtlich mit sich haderte. Denn aus Sicht einer HipHop-Laiin wie mir, war das eine verdammt gute Show – auch wenn das beklemmende Gefühl danach eine Weile brauchte, um wieder zu verschwinden.
Leoniden | Der verdiente Hype
Nach der schweren Kost von I Salute geht es leichter ums Herz mit dem Headliner weiter.
Die kleine Bühne des Druckluft in Oberhausen ist restlos vollgestopft mit Instrumenten. Zwei Keyboards tummeln sich zentral in der Mitte der Bühne einander gegenüber, beide gespickt mit einigen Kuhglocken. An der Seite steht ein Synthi, den Sänger Jakob gelegentlich mal ansteuert. Und überhaupt ist Jakob ein Multi-Tasking-Talent, vor dem es sich zu verbeugen gilt. Percussions, Keyboard spielen und singen gleichzeitig, scheint für den gebürtigen Hamburger so gar kein Problem zu sein.
Leoniden spielen qualitativ sowieso schon in der Liga der ganz Großen. Jeder der Fünf beherrscht sein Instrument astrein und hat daher auch genug Energie übrig, um damit um sich zu werfen.
Während einige Songs auf Platte eher blass blieben, haben die Kieler mich in Oberhausen eines Besseren belehrt. Keine Sekunde war öde. Wie auch? An jeder Ecke der Bühne passierte etwas. Kein Stillstand. Dafür pure Energie.
Die Augen waren beschäftigt und die Ohren sowieso. Das Drucklufthaus war leider nicht mal zur Hälfte gefüllt, aber Leoniden brauchen keine Massen, um Publikum und sich in Bewegung zu versetzen – und offensichtlich auch nicht viele Songs. Mit einem Album und zwei EPs ist die Auswahl an Songs nun einmal begrenzt.
Statt die Setlist künstlich mit Covern aufzublähen, gab es einige Extended-Versions, bei denen großartige Kuhglocken-Soli zustande kamen (dass ich so etwas einmal schreiben würde), mit denen sie die gleichen Gute-Laune-Vibes wie zuvor auf dem Album kreieren – nur geiler. Nevermind ist zwar hörbar das Highlight für das oberhausener Publikum, aber auch bei Remote, 1990 oder Two Peace Signs kann sich selbst ein Tanzmuffel wie ich der Dynamik dieser Typen nicht entziehen.
Leoniden schaffen es tatsächlich, dass man sich in einem kleinen, dunklen Clübchen im Industriegebiet von Oberhausen für eine Stunde fühlt wie auf dem Lieblings-Open-Air-Festival im Hochsommer.
Fotos:
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Auf Tour:
26.03. Rostock, Peter-Weiss-Haus
27.03. Magdeburg, Musikkombinat
28.03. Leipzig, Naumanns
30.03. Berlin, Musik & Frieden (ausverkauft)
31.03. Wiesbaden, Schlachthof
01.04. Stuttgart, Zwoelfzehn
02.04. München, Sunny Red
04.04. Köln, Blue Shell
05.04. Saarbrücken, Kleiner Klub / Garage
06.04. Würzburg, CAIRO
07.04. Michelstadt, Unterholz
08.04. Augsburg, SOHO
09.04. Ludwigshafen, das Haus