Crescent City war direkt nach Ankündigung für mich ein klarer Fall von „Shut up and take my money“. Dabei führe ich zu Autorin Sarah J. Maas ein ambivalentes Verhältnis. Während ihre Reihe „Das Reich der sieben Höfe“ dafür gesorgt hat, dass ich eine Woche nicht ansprechbar war, weil ich round about 2300 Seiten weginhaliert habe, ist ihr großes Aushängeschild, die Throne of Glass Reihe, eher so Kategorie…meh¹.
Crescent City ist also die neue Reihe der Fantasy-Autorin und sowohl inhaltlich als auch optisch ein absolutes Highlight 2020. Bei der Erstauflage darf man sich über einen bunten Buchschnitt freuen, der für mich schon ein Kaufargument war. Bei Büchern mit gefärbtem Buchschnitt mutiere ich zum willenlosen Verpackungsopfer. Es lohnt sich hier also tatsächlich, das Cover und die Innengestaltung einen Moment länger auf sich wirken zu lassen.
Aber worum geht es eigentlich?
Crescent City 1 – Wenn das Dunkel erwacht handelt auf ausladenden 928 Seiten von Bryce Quinlan, Halb-Fae und Halb-Mensch, was schon mal eine scheiß Mischung ist. Systematischer Rassismus ist also auch in dieser Welt ein Ding. Fernab überinterpretierter Systemkritik wird jedenfalls Bryce‘ beste Freundin von einem Dämon brutal ermordert2 und sie fällt in ein bodenloses Loch.
Erst als sie zwei Jahre später gegen ihren Willen auf einen ähnlichen Fall angesetzt wird und mit dem Engel Hunt Athalar, einem berüchtigten Auftragsmörder, zusammenarbeiten muss, erwecken ihre Lebensgeister wiedererweckt. Dabei gerät sie immer tiefer zwischen die Machenschaften von brutalen Dämonen, politischem Machtgeschacher, familiären Problemen und eben Hunt.
Und? War gut?
Die zugrunde liegende Handlung ist eine klassische Fantasy-Krimi-Geschichte, die durchweg spannend, abwechslungsreich und – für mich persönlich – nicht vorhersehbar war. Wirklich großartig und was auch langfristig einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, sind die Charaktere und die geschaffene Welt von Crescent City. Vom kleinen, aufmerksamkeitsdurstigen Feuerkobold bis zu den ausufernden Schwingen der Engel hat alles seinen passenden Platz in dieser Stadt, von der ich mir genau vorstellen kann, wie die Werwölfe in den Gassen ihre Patrouille laufen. Dazwischen hüpft mal ein Fae oder ein Wassermann, eine Viperkönigin weitere Gestalten, die mehr oder weniger subtil aufzeigen, warum die Hauptcharaktere sind, wie sie sind.
Das ist auch die große Stärke des Buchs. Die Hauptcharaktere Bryce und Hunt sind natürlich bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar, dabei aber in ihren Gedanken, ihrer Vergangenheit und ihrem Leid so nahbar, dass ich mich beim Lesen sehr wohl mit der Geschichte um die beiden gefühlt habe.
Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich auch noch ein paar hundert Seiten dranhängen können. 900 waren nicht genug.
Wer es genießt, tief in eine Fantasywelt abzutauchen mit starken, weiblichen Charakteren klar kommt und eine gute Mischung und Krimi- und Liebeselementen zu schätzen weiß, wird diesen Fantasy-Klopper lieben!
[1] Jetzt mal ehrlich: Ich habe die ersten beiden Bände gelesen und bin mit der Story nicht richtig warm geworden. Lohnt es sich, noch das dritte Buch zu versuchen?
[2] Es ist kein Spoiler, wenn ich anmerke: Komplett zerfetzt trifft es eher.