Bundesweite Inzidenz von über 400, Sachsen liegt als erstes Bundesland über 1000. Jetzt wurde zudem bestätigt, wovor Virolog*innen und Menschenrechtler*innen seit Monaten warnen: In Afrika gibt es eine neue Virus-Variante. Noch ansteckender, noch aggressiver. 

Was irgendwie nach Resident Evil & Umbrella Corp. klingt, ist unsere aktuelle Realität. Corona ist nicht weg, Corona ist putzmunter und fideler denn je. Trotzdem sind in großen Teilen Deutschlands große Veranstaltungen – unter welchen Bedingungen auch immer – noch erlaubt.

Aber nur weil etwas erlaubt ist, muss man es nicht nutzen, oder?

Wie vertretbar ist es aktuell auf Konzerte zu gehen? So richtig in geschlossenen Räumen und mit asozialem Gruppenschwitzen? Kann man das noch machen?

Mitte Oktober hätte ich die Frage noch mit einem glasklaren JA! beantwortet. Die tollen Menschen von Album der Woche sind in der Zeit zum gleichen Ergebnis gekommen.

Ich war zwischen Ende Oktober und Mitte November auf fünf Konzerten. Jede Location hat streng kontrolliert und sich Zeit genommen, auf den Impfzertifikaten herumzuwischen, sie zu scannen und mit dem Personalausweis abzugleichen. Nur eine Woche zuvor habe ich das in den gängigen Altstadt-Clubs und Kneipen ganz anders gesehen. Ein Blick auf das Handy und man durfte sich mit anderen auf engstem Raum lümmeln. Im Nachhinein irgendwie ungeil. 

In meiner Konzert-Bubble habe ich mich entsprechend wohl(er) gefühlt. Die CoronaWarnApp hatte in der Zeit nicht einmal einen Ausschlag, während Freunde und Bekannte von Kinobesuchen und privaten Feiern Begegnungen und Corona selbst als Souvenir mitbrachten. 

Unter diesen Bedingungen fand ich es vollkommen vertretbar. Mitte Oktober. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Konzerte Heilung für meine Psyche bedeuten. Ich habe es hier schon 1001 Mal geschrieben: Konzerte schalten den Kopf aus, pusten ihn derweil richtig gut durch und sie bedeuten sogar für mein introvertiertes Ich das wohlige Gefühl von Gemeinschaft genießen zu können, unter Menschen sein, die genauso ticken wie man selbst und die Musik feiern, für die man dort ist.

Live-Musik ist für mich unverzichtbar und leider auch unersetzlich.

Und jetzt? 

Ich kann hier nur von NRW sprechen. Hier gilt 2G+.

(Fun Fact: Die Coronaschutz-Verordnung, die den ganzen Corona-Kram regelt, sieht unterschiedliche Regeln für “Konzerte” und “Clubs und Diskotheken” vor. Bei der Formulierung hatte wohl keiner unsere Art der Konzerte (Stichwort: Asoziales Gruppenschwitzen) auf dem Schirm. Die Venues, die ich auf dem Schirm habe, halten sich jedenfalls alle an die strengere 2G+-Variante.)

2G+ heißt also, dass alle Anwesenden einen erhöhten Schutz haben (genesen, geimpft) und aktuell zumindest keine allzu hohe Viruslast mit sich herum tragen (Schnelltest). Reicht das? Reicht mir das? 

Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Vermutlich habt ihr nach so viel Text auf eine klare Position gehofft, aber die habe ich nicht. 

Ich kann nur sagen, dass ich mir keine Tickets für dieses Jahr mehr nachkaufen werde. Zum Beispiel war Planlos in Köln für mich nach den beiden Konzerten in Düsseldorf und Essen eigentlich gesetzt. Aber ich fühl’s nicht. Nicht mehr.

Allerdings liegen auch noch Tickets für zwei Konzerte dieses Jahr hier. Anfang Dezember und Ende Dezember. Ob ich hingehe, werde ich vermutlich ganz spontan entscheiden. Planen kann man derzeit ja eh nichts. 

Es ist für mich eine Abwägungssache.

Gehe ich auf ein Konzert und tue damit etwas für meine mentale Gesundheit und riskiere damit meine physische? Oder schütze ich meinen Körper und tue nicht nur nichts für meine Psyche, sondern sitze an dem Abend zuhause, starre das Ticket an und vermeide gleichzeitig die nächsten Tage Social Media, um nicht zu sehen, was ich verpasst habe? Vielleicht ist das ein wenig überspitzt, aber Fomo (Fear of missing out) wird kicken. Bei einem Konzert, dessen Ticket seit 1,5 Jahren hier rumliegt, will ich natürlich da sein. 

Vernünftig ist das nicht. Auch unter 2G+ nicht. Erst recht nicht mit neuer Virausvariante. Gehe ich trotzdem hin? Vermutlich.