“Dünen, Wind und Meer – beste Voraussetzungen, um Abstand von allem zu gewinnen, einfach mal den Kopf frei zu kriegen und ein neues Kapitel in der MASSENDEFEKT-Vita zu schreiben.“

Das war vor über einem Jahr. Zwischen Sauna und Strand entstanden so die ersten Zeilen ihres mittlerweile achten Studioalbums. Ob es am Wind oder am neuen Gitarristen liegt, Massendefekt klingen 2020 anders.

Dass Massendefekt auch politisch können, haben sie bereits auf Pazifik (2018) gezeigt – genau da machen sie nun weiter. Mit Schiffbruch starten die Meerbuscher ihr neues Album direkt mit einer Singleauskopplung und einem klaren Statement gegen Rechts. Der Song bleibt für Massendefekt-Fans wenig überraschend, wiegt sie zu Beginn immerhin im sicheren Hafen.

Was ist neu?

Mit Tun was ich will wird’s dann erstmals spannend. Die Massendefekt’sche Antwort auf Rebell von die ärzte folgt ihrem eigenen Credo und nimmt sich ganz untypisch Zeit für einen Instrumental-Part, der so überraschend wie gut ist. Die catchy Bass-Line trägt im letzten Drittel den Spannungsbogen, dem hier ebenfalls ordentlich Luft gegeben wird, entscheidend mit. Hatte hier Nico die Finger im Spiel?

Diese neuen Momente sind es nämlich, die Massendefekt auf Zurück ins Licht hörbar neue Perspektiven auf ihre eigene Musik liefern. Gleichzeitig brauchen alteingesessene Fans keine Angst zu haben, dass alles auf den Kopf gestellt wurde. Songs wie Autopiloten und Daumen hoch lösen weiterhin mit alter Linie das markante, heimische Bandgefühl aus und bleiben auch qualitativ starke Anker im Albumverlauf. Der neue Kurs bleibt aber richtungsweisend. 

Letzte Worte bringt es innerhalb eines Songs auf den Punkt. In der minimalistisch düsteren Atmosphäre hört man vor allem Sebi: „[Wir] versuchen schweigend unsere Stille zu ertragen“ – es folgt ein langer Instrumental-Part, der genau den einen Takt „zu lang“ dauert, um die vorherige Line zu unterstreichen. So viel Feingefühl ist man von den Meerbuschern nicht gewohnt, es gelingt ihnen dennoch perfekt. Es wären nicht Massendefekt, wenn die volle Wucht des bandtypischen Sounds im Verlauf des Albums nicht wieder aufbrausen würde.

High- und Lowlights

So ganz ohne Kollateralschäden kommt Zurück ins Licht allerdings nicht aus. Freunde, dachte ich fällt musikalisch mit zu viel schlager’eskem Gefühl im Refrain auf und bremst den Hörfluss unnötig aus. Auch Totes Land fügt sich nicht gänzlich ins Hörerlebnis ein. Das mag bei mir persönlich daran liegen, dass man hier scheinbar ein bisschen zu viel bei den Broilers abgeguckt hat und ich mit denen nicht warm werde (#shameonme).

Wo es schon um persönliche Befindlichkeiten geht, möchte ich Mehr!, seinen roughen Sound und die stimmigen Features mit B-tight und Ferris MC in den Himmel loben – aber das Beste an dem Song ist ein bestimmter Reim, der sich locker mit der Reimkühnheit eines Farin Urlaubs messen lassen kann: Laissez-faire auf Mittelmeer reimen kann einfach nicht jeder. Mein persönliches Album-Highlight. Der Song auch.

Fazit

Massendefekt bleiben Massendefekt – nur ein bisschen anders. Mutiger. Facettenreicher.

Zurück ins Licht erscheint eine Woche später als ursprünglich geplant, nämlich am 27. November 2020.

Review overview

Gesamt:8

Summary

8